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Angesichts der fröhlichen, höflichen deutschen Touristen in seinem italienischen Ferien-Domizil seufzt der Kommentator des britischen Magazins The Spectator am 9. August:
"In einer Zeit, da Europa laut nach einer Wiedergeburt des preußischen Militarismus ruft - er ist unverzichtbar, wenn wir jemals eine glaubwürdige (europäische) Militärmacht versammeln wollen -, bekommen wir aus Deutschland nur Lächeln und gute Manieren. Das reicht nicht."
Ex-Bundespräsident Richard v. Weizsäcker meint zur Rolle der Deutschen in der Geschichte am 11. August im Spiegel:
"Uns Deutschen hat unsere Geschichte noch nie allein gehört. Wir sind eine kontinentale Macht, von neun Nachbarn umgeben, mit ständigen Einwirkungen hinein und hinaus, bald befruchtend, bald zerstörer isch."
Die Westdeutsche Allgemeine vom 11. August sieht in dem plötzlichen Lob, das US-Präsident Bush für Berlins Politik äußert, machtpolitisches Kalkül am Werk:
"Sollen deutsche Soldaten bald auch in Bagdad stehen, um das auszubaden, was andere angerichtet haben? Nein, das Lob aus Amerika ist gefährlich wie süßes Gift."
Der Münchner Merkur haut am 11. August in dieselbe Kerbe:
"Schröder wird in Kürze vor der Entscheidung stehen, deutsche Soldaten in eine lebensgefährliche Mission in den Irak zu entsenden ... Deshalb will Bush den Kanzler so dringend sehen ... Schröders Getreue verbreiten, Deutschland sei die Rückkehr in den Kreis jener Staaten gelungen, die bei der Supermacht Einfluß und Ansehen genießen. Und im Irak? Dort sterben Soldaten, vielleicht auch Deutsche, für einen Krieg, den Deutschland mit guten Gründen abgelehnt hat. Das neue Tauwetter zwischen Washington und Berlin ist gefährlich. Lebensgefährlich."
Schmaltalk und Heileiz
Es sei die Rede noch so schal,
die Hoffnung darf nicht sinken,
denn nachher gibt s als Lohn der Qual
zu essen und zu trinken!
Bei Nüssen, Häppchen, Bier und Wein
beginnt das wahre Leben,
so daß sich quasi von allein
die Lehren draus ergeben.
Am Anfang zwar vermag der Schalk
nur Schmatzen zu erlauschen,
diskret verquickt mit schmalem Talk,
es klingt wie weißes Rauschen.
Allmählich scheinen Dezibel
den Raum zu strukturieren:
Aus Chaos können nun fidel
die Heileiz kondensieren!
Doch Hand aufs Herz - erst abgewischt
ins Tischtuch ganz verstohlen -
man muß, eh alles weggefischt,
noch ein, zwei Brötchen holen.
Und weiter geht es voller Schwung,
der Saal wird hei und heier,
denn Trank verklärt bei Alt und Jung
des Vortrags öde Leier.
Was erst man schmatzend schmalgetalkt,
wird heiter heigeleitet,
zum Schluß ist alles durchgewalkt
und faßlich aufbereitet.
So gehe ich gesättigt heim,
wenngleich nicht viel gescheiter -
ich mache mir den eignen Reim
auf all die Phrasen-Reiter.
Gonzalo de Braganza |
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