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Das Programm der Frühjahrskultur- und Frauentagung der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen war so dicht gedrängt, daß von den Landsleuten der Zeitdruck beklagt wurde und die Wiederholung einiger Vorträge gewünscht wurde.
Henning von Löwis of Menar stellte die Frage: "Was wird aus Königsberg?" Zunächst einmal brach er eine Lanze für die Stadt heute. Man solle nicht nur schwarzmalen, sondern sich die Zeit nehmen, das zu endecken, was noch von dem alten Königsberg da ist und was sich positiv entwickelt hat - eine Wohltat für diejenigen, die die Stadt auch so lieben, wie sie heute aussieht.
Den westdeutschen Politikern aber stellte er kein gutes Zeugnis aus. Von Adenauer bis Schröder sei Königsberg abgeschoben worden, obwohl sich die deutsche Geschichte nicht an der Krönungs- und Kantstadt vorbeimogeln kann. Auch an die heikle Frage des Verkaufsangebots an Genscher rührte der Referent. Die Verkaufsofferte 1991 sei nie dementiert worden. Königsberg 2002 sei eine Stadt im Wartezustand, weit entfernt vom Mutterland mit dem Blick zum Westen, besonders bei der Jugend.
Vorurteile gegen das Gebiet wie Furcht vor militärischer Bedrohung oder Skepsis gegenüber Investitionen entbehrten jeder Grundlage. Die Bereitschaft, an die deutsche Geschichte anzuknüpfen, habe sich besonders 1994 bei der Feier des Universitätsjubiläums gezeigt oder auch bei Jubiläen wie "100 Jahre Tiergarten" oder "100 Jahre Straßenbahn". Königsberg, so von Löwis, sei längst eine internationale Frage, der sich Deutschland aus historischer Verantwortung stellen müsse.
Einen Einblick in einen Arbeitsbereich im alten Ostdeutschland gab Hildegard Linge mit ihrem Vortrag "Vom Flachsanbau zum Leinen". Aus eigener Erfahrung konnte sie die vielen Arbeitsgänge vom Aussäen übers Bündeln, Brechen und Rösten bis zum Spinnen der seidenen Fäden erklären und beschreiben. Die Schilderung dieser alten Kunst stieß auf so großes Interesse, daß der Vortrag gleich auf das Programm der nächsten Frauentagung gesetzt wurde.
Ministerialrat a. D. Martin Lehmann lenkte den Blick auf aktuelle Fragen: "Zum Stand der Vermögensrückgabe in Polen". Er definierte zunächst das "Eigentum" als "etwas, was man sich selbst erarbeitet hat". "Das Eigentum" gilt in diesem Sinne in Mitteleuropa als Menschenrecht. Polen aber nehme eine Sonderstellung ein. Es gebe dort noch kein Restitutionsgesetz, sondern einen Wust von Gesetzen und willkürlichen Akten, noch bedingt durch Kommunismus und Willkür.
Um sein Vermögen zurückzubekommen, mußte man am 31. Dezember 1999 polnischer Staatsbürger sein. Damit fallen emigrierte Juden, vor dem Kommunismus geflohene Polen und vertriebene Deutsche aus. Lehmann nannte mehrere Beispiele von spektakulären Rückforderungen, von privaten Familien bis hin zu jüdischen Gemeinden. B. |
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