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"Totgesagte reden länger" höhnte ein linkes Tageblatt angesichts des Dreikönigstreffens der FDP in Stuttgart. Den Spruch müssen sich die Schreiber schon vor dem Auftauchen des CDU-Spendenskandals ausgedacht haben. Denn im Moment haben Totengesänge auf die FDP kaum Konjunktur.
Die Blaugelben rechnen sich gute Chancen auf enttäuschte CDU-Stimmen aus. Parteigeneral Guido Westerwelle konnte sich denn auch einen Seitenhieb auf die Schwarzen nicht verkneifen. Dies und allerlei altbekannte Sprüche ("Freiheitspartei" etc.) war denn aber auch schon alles, was die Liberalen als Grundstock für ihren wie oft schon? angekündigten "Aufbruch" herzeigen konnten. Und das ist nicht viel.
Die alles entscheidende Frage blieb im vollbesetzten Stuttgarter Staatstheater wieder einmal ohne überzeugende Antwort: Wozu benötigen wir eigentlich die FDP? Um die Steuern radikal zu senken? Das will jetzt auch die CSU. Um den Doppelpaß einzuführen? Haben wir, leider. Für mehr innere Sicherheit oder eine bessere Mittelstandsförderung? Dazu hatte die FDP fast dreißig Jahre Regierungszeit, Ergebnis mangelhaft. Man kann die Problemfelder rauf und runterklappern, nirgends etwas, wofür die FDP exklusiv steht.
So machen die Freidemokraten das, was sie seit Jahrzehnten tun, sie schütteln an den Bäumen der anderen. Das scheint bei der CDU zur Zeit besonders lohnend.
Auf Dauer aber, weitsichtige Liberale wissen dies längst, kann so keine Partei überleben. Die CDU-Affäre, das räumen selbst führende Unionisten ein, könnte das ganze Parteiensystem durcheinanderwirbeln. Doch von einem einigermaßen stabilen Parteiensystem, also halbwegs festen Lagern, lebt eine "Funktionspartei" wie die FDP. Wer sollte noch zur FDP kommen, wenn nicht mehr "kleinere Übel" und mögliche Koalitionspartner für diese gewählt werden, sondern die Deutschen plötzlich nur noch Programme sehen wollen? Und zwar richtige, die sich auch unterscheiden lassen!
Der rebellische FDP-Bezirksvorsitzende von Bad Cannstatt, Hans-Manfred Roth, gibt seiner Partei einen Rat, den ihr versierte Beobachter (von links bis rechts) schon länger ans Herz legen. Der Wochenzeitung "Junge Freiheit" gegenüber stellte Roth unverblümt fest: "Die Zeiten haben sich geändert. Als Mehrheitsbeschaffer werden wir nicht mehr gebraucht. Die linke Mitte ist heute ein buntes Biotop. Wir brauchen eine neue Plazierung im Parteiengefüge. Für mich ohne Frage: rechts von der CDU. Aber gegenüber solchen Forderungen scheint die Parteiführung blind und taub."
Wie wahr. Statt indes auf solche mahnenden Stimmen zu hören, applaudiert das freidemokratische Parteivolk den kindischen "Hoppla, jetzt kommen wir!"-Parolen der Gerhardts und Westerwelles. Bei Blaugelb scheint jene fortschreitende Verflachung immer noch besser anzukommen als die Erneuerungsforderungen eines Manfred Roth. Womit selbst gutmütige Kommentatoren wieder bei der Eingangsfrage angelangt wären: Was soll das alles noch? Jan Bremer
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