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Erinnert man sich der Fülle qualitätsvoller Kulturzeitschriften und Monatshefte nach dem Krieg und bis in die 80er Jahre - Die Gegenwart, Wort und Wahrheit, Hochland, um nur einige zu nennen - so ist die geistige und kulturelle Dürre im wiedervereinigten Deutschland kaum zu übersehen. Wie der Erfolg der Sezession anzeigt, ist sie offensichtlich in diese fühlbare Lücke eingetreten. Sie erscheint nun schon im 2. Jahrgang mit dem Heft 7. Herausgeber ist das Institut für Staatspolitik, die verantwortlichen Initianten sind der Historiker Karlheinz Weißmann (Göttingen), der Verleger Wolfgang Dvorak-Stocker (Graz) und der Publizist Götz Kubitschek (Schnellroda).
Die Hefte im Umfang von jeweils etwa 70 Seiten im Hochformat sind gegliedert in "Grundlagen"-Essays, Kurzbeiträge, Rezensionen, Notizen und jeweils ein Historisches Kalendarium, das unserer verbreiteten historischen Ignoranz aufhelfen will (in Heft 7/2004 etwa die Erinnerung an die Ermordung des Leningrader Parteifunktionärs Kirow durch Stalin 1934 oder die Festlegung des Weihnachtsfestes durch Papst Liberius 354).
Das Leitthema des vorliegenden Heftes 7 ist "Identität". Es wird von Karlheinz Weißmann intoniert und dann in seinen vielfältigen Perspektiven entwickelt: "Deutsche Identität" von Dag Krienen greift auf den unvergessenen Bernard Willms zurück, "Identität als soziologisches Konstrukt" von Tom Drescher behandelt vor allem Niklas Luhmann und dessen Kritik durch Weißmann. "Europas Identität" von Galin Tihanow läßt Georg Simmel, Oswald Spengler und Hans Freyer Revue passieren. Ein Höhepunkt des Heftes ist der Essay von Harald Seubert über "Verortung", der im Anschluß etwa an Heidegger, Max Scheler und Arnold Gehlen die Gegenposition zur Ortlosigkeit (griechisch utopos), Heimatlosigkeit, Entwurzelung und Staatsfeindschaft der heutigen One-World-Ideologie und Politik entwirft sowie deren nihilistischen Charakter offenlegt.
Auch die Kurzbeiträge umkreisen "Identität" auf mannigfachen Wegen: die deutsche Identität nach Richard Wagner (Siegfried Gerlich), die kurze Karriere der Corporate Identity von Wirtschaftsunternehmen (Weißmann), die schwankende Identität des Peter Glotz (Christian Vollradt), Österreichs Identitäten (Lothar Höbelt), Maurice Barres (1862-1923) französischen Protest gegen die moderne Entwurzelung (Martina Hartmann) und schließlich, wie heute die Identität des American Creed der Gründerväter der Dekonstruktion durch den Multikulturalismus ausgesetzt ist (Till Kinzel). Überaus plastisch und erfahrungsreich sind auch Ellen Kositza und Götz Kubitschek der gebrochenen deutschen Identität im heutigen Mitteldeutschland auf der Spur.
Resümee: Die Zeitschrift Sezession steht in der Tradition der eingangs genannten alten deutschen politischen Kulturzeitschriften und ist den Verächtern unserer unsäglichen "Talk-Shows-Kultur" bestens zu empfehlen. Klaus Hornung
Institut für Staatspolitik (Hrsg.): "Sezession", erscheint im Januar, April, Juli und Oktober, Rittergut Schnellroda, 06268 Albersroda, Telefon / Fax (034632) 909 42 |
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