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Der gute alte Lenin würde sich wohl im Mausoleum umdrehen, wenn er erführe, was die Enkel der Revolution ausgerechnet in seiner Geburtstadt Simbirsk – 1924 zu seinen Ehren in Uljanowsk umbenannt (nach Lenins bürgerlichem Namen Wladimir Iljitsch Uljanow) – vorhaben: Schon in Kürze soll ein ultramoderner Vergnügungspark mit dem an Disneyland erinnernden Namen „LeninLand“ entstehen.
Neben historischen Informationen über die Sowjetunion steht der Freizeitcharakter im Vordergrund. Als besondere Attraktionen werden dem Besucher lebensnahe Eindrücke aus dem sozialistische n Alltag geboten: Auf dem originalgetreu nachgebauten Roten Platz finden täglich Maiparaden statt, ein sprechendes Lenindenkmal verkündet dessen wichtigste politische Parolen. Wem Anschauen noch nicht den rechten „Kick“ verpaßt, kann an interaktiven Experimenten teilnehmen, sich beispielsweise als Arbeiter auf einer Kolchose verdingen, wo er lernt, Kühe zu melken oder Butter zu schlagen. Als Entlohnung gibt es Schwarzbrot. Selbstverständlich wird der Vergnügungswillige dabei auf Schritt und Tritt von unsichtbaren KGB-Agenten überwacht, Verhaftungen sind inklusive. Es werden auch Viehwaggons bereit stehen, die den Verhafteten das Gefühl der bevorstehenden Deportation nach Sibirien vorgaukeln sollen.
Pläne zu einem solchen Freizeitpark existieren schon länger, und zwar vom Gouverneur der Region Uljanowsk, Sergej Morosow. Hintergrund ist, daß die bereits existierende Lenin-Gedenkstätte, die sich in einem monumentalen Park am Ufer der Wolga über 12000 Quadratmeter erstreckt, nicht mehr genügend Besucher anlockt. Zu ihrer besten Zeit kamen an die 17000 Besucher täglich, heute sind es nur noch 100. In den vergangenen Jahren hatte der Gouverneur viele Ideen – von einem Skulpturenfriedhof für Sowjetdenkmäler, die andernorts abgebaut wurden, bis zu einem Skistandort an der Wolga mit der Bezeichnung „Leninhügel“ – die Umsetzung scheiterte jeweils am Unwillen der Investoren. Das soll nun dieses Mal anders sein, da Morosow einen Investor für „LeninLand“, einen bislang unbekannten Amerikaner, gefunden haben will.
Altkommunisten in Uljanowsk zeigen sich entsetzt über diese Pläne. Sie befürchten, daß sowjetische Symbole ausgebeutet würden und Lenin, der nach wie vor große Verehrung im Land genießt, als Monster dargestellt werde.
Gouverneur Morosow hat jedoch keinerlei Skrupel bei der Vermarktung der sowjetischen Vergangenheit. Er zeigt sich amerikanisch geschäftig und spricht von Lenin als gutem „Brand“ (Markenzeichen). „LeninLand“ werde seiner Einschätzung nach viele zahlungskräftige Touristen in die wirtschaftlich florierende Region locken. |
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