|
Weihnachten ist das Fest der Erinnerung. Hier tauchen die alten Bilder aus der Kindheit wieder auf. Der Zauber an Heiligabend, dies herrliche Mischung aus Ruhe und Heiterkeit, die jenen größten Tag im Jahr prägte. Un man denkt an die Wochen davor, die einem im Kindesalter vom Ersten Advent bis zu dem großen Ereignis wie eine Ewigkeit vorkamen.
Was das angeht, haben es die Kleinen von heute unsagbar schwerer als ihre Vorgänge vor einigen Jahrzehnten. Kaum daß die ersten Blätter fallen, bestücken so manch Geschäfte ihre Auslagen mit kleinen Weihnachtsmännern, geschmückten Bäumchen Knecht-Ruprecht-Schlitten und anderem Schmuck, der oft nur noch als Kitsch empfunden wird Für die Kleinen aber scheint im Angesicht der bunten Auslagen klar: Es dauert nicht meh lange, und dann wird es doch noch bald ein Vierteljahr. Eine Gemeinheit ist das!
Für viele Ältere ist Weihnachten indes nicht allein das Fest der Besinnung, Begegnung und Freude oder der Geburt Jesu Christi. Gerade Weihnachten is wie kein anderes Fest mit dem Wort Heimat verbunden. Oft weit verstreut Lebende kehren a diesem Tage an den Ort ihres Ursprungs und Werdens zurück, dorthin, wo für sie alle seinen Anfang nahm.
Aber wohin gehen die, denen dieses Jahrhundert jenen Ort der Heimat verwüstet hat? De Vertriebenen bleibt meist nichts als die Rückkehr in Gedanken, die Heimkehr mit de Herzen an den Ort, der ihnen Heimat ist. Wenige nur kehren für die Feiertage dennoch in die Heimat zurück. Was sie dort vorfinden, ringt ihnen oft mehr ab als fernzubleiben. Die Nähe von Freude und Trauer, die das Leben aller Menschen stets durchzieht, sie lastet s auf einem Vertriebenen in dieser Zeit doppelt schwer.
In diesem Jahr treten zwei Jahrestage hinzu, die schmerzliche Erinnerungen noch lebendiger werden lassen: Vor 60 Jahren, 1939, begingen die Deutschen un mit ihnen viele Völker Europas die erste Kriegsweihnacht. Die Leichtigkeit de vergangenen Feste war verflogen. Beklemmende Fragen lasteten auf den Seelen: Was wird au uns werden? Ist es bald vorbei? Oder wiederholt sich gar die Tragödie von 1914/18?
Fünf Jahre später, an Weihnachten 1944, war es Gewißheit. In den Osten Ostdeutschland war der Krieg bereits mit fürchterlicher Wucht eingedrungen, der Luftterror tobte.
Sich dieses Weihnachtsfest 1944 vorzustellen, fällt dem Nachgeborenen unsagbar schwer Gewiß, wer sich ernsthaft für die Geschichte interessiert, hat womöglich schon etliche gelesen, viel gehört von jenem Fest am Abgrund. Doch fehlt auch ihm jede Erfahrung mi etwas auch nur annähernd Vergleichbarem.
So bleiben die Überlebenden der Vertreibung letztlich allein mit ihrer Trauer, den tiefen Narben, die dieses Jahrhundert ihnen schlug. Und viele habe denn auch ihr Schicksal tief in sich vergraben, sind das Erinnern an ihre Tragödie leid wollen nicht mehr davon sprechen, um die alten Wunden nicht immer wieder aufzureißen, un reden lieber von den schönen, harmlosen Begebenheiten in der Heimat. Wer wollte es ihne verdenken.
Doch so könnte etwas aus dem Gedächtnis unseres Volkes verschwinden, was viel zu bestimmend war für den historischen Weg der Deutschen, als daß es übergangen werde darf. So bleiben um es in kurzen Worten zu sagen die Alten nicht nur allei mit der Geschichte, sie lassen die Nachgeborenen auch allein in der Gegenwart un mit der Zukunft. Geschichte, Erinnerung aber ist das Rüstzeug, ohne das sich der Weg in die Zukunft in der Orientierungslosigkeit verliert. Ein einfacher Blick in die Gegenwar schon offenbart diese Wahrheit.
1944 war für viele das letzte Weihnachten vor Flucht, Vertreibung, Terror un Deportation. 1999 ist das letzte Weihnachten des Jahrhunderts, in dem das alles geschah das letzte große Fest der Besinnung und Erinnerung vor der Jahrtausendwende.
Nun, die Zeiten sind zum Glück nicht vergleichbar. Und doch fragen sich in diesem Jahr immer mehr junge Menschen, was wohl aus ihnen werde wird, was das kommende Jahrhundert bringt. Mag die Vernunft auch noch so sehr dafü plädieren, daß dieser Jahrhundertwechsel nichts als Zahlenwerk sein soll die Menschen empfinden den Einschnitt.
Und die großen Ideale, Visionen und Ideen, die der Jugend unterschiedlichste Generationen einst (oft trügerischen) Optimismus stiftete, scheinen verflogen. So fühl sich die heutige Jugend nackt und mit leeren Händen dem Kommenden ausgeliefert Untergangsprophezeiungen tun ihr Übriges zu einem verbreiteten Gefühl, ins gänzlic Dunkle zu marschieren, besser, hineingezogen zu werden. Laute "Millennium"-Getöse und schrille Moden stellen sich vor diesem Hintergrund da wie ein bizarres Pfeifen im Walde, keinesfalls als Ausdruck überschwengliche Selbstbewußtseins.
Weihnachten ist die Zeit der Begegnung der Generationen, zuweilen gar die einzige in Jahr. Was vermögen die Älteren, die Krieg, Not, Vertreibung erlebt haben, den Jungen zu geben?
Sie haben die Hölle durchschritten, sie haben alles verloren nur den Mut nicht. Viele echte und eingebildete Gefahren, denen sich die heutige Jugen ausgesetzt sieht, müssen da notwendig ganz klein aussehen. Doch Vorsicht, für viel junge Zeitgenossen erscheinen die eigenen Hürden und Ungewißheiten der Zukunft ebens unüberwindlich wie den ungleich schwerer geprüften Vorfahren ihre Sorgen damals. Die Jungen belehren zu wollen in dem Sinne "Euch gehts doch gut!" kann nu Widerwillen hervorrufen und den Verdacht, nicht ernstgenommen zu werden. Etwas Ärgere kann man Jugendlichen kaum antun.
Doch erzählen, einfach erzählen wie es damals war, was den Ostdeutschland, Pommern Schlesiern, Sudetendeutschen und all den anderen Millionen Deutschen im Osten, in de Bombennächten oder an der Front vor bald 55 Jahren widerfuhr, dies kann nicht nur meh Verständnis für die Altvorderen wecken. Es kann so absurd das klingen mag auch Zuversicht stiften bei den Jungen: "Das haben die alles überstanden! Da werd ich meinen Kram schon auch noch irgendwie in die Reihe kriegen."
Weihnachten ist das Fest der Begegnung. Hier ist die Zeit, sich einander mitzuteilen, sich einander zu öffnen, die einsamen Mensche hereinzuholen in die Gemeinschaft und die einsamen Gedanken auszusprechen. Erinnerung un Zuversicht fließen in eins, wie sich die Generationen vereinen sollen zu einer endlosen harmonischen Kette zwischen Werden und Vergehen dieser Welt. Das letzte Weihnachten in diesem Jahrhundert, in dem sich die Generationen wie lange nicht oft verständnislo gegenüberstanden, bietet die Chance, sich im gemeinsamen Blick auf das Geschehene wiede zu vereinen. Um der Zukunft willen.
|
|