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Wer hätte das gedacht von den angeblich weltgewandten, stets kühl kalkulierenden Hanseaten - ein glattes Fünftel von ihnen ist einfältig, ungebildet, rechtsradikal, ausländerfeindlich, intolerant, unberechenbar und „gnadenlos“ dumm. Mit solch starken Sprüchen reagierte jedenfalls die Mehrheit der Medien auf die 19,4 Prozent der „Partei Rechtsstaatlicher Offensive “, bekannter als „Schill-Partei“. Sozialdemokraten und Grüne schlossen sich dem Medientenor freudig an. Ganz im Stile schlechter Verlierer appellierte der abgewählte Bürgermeister an alle „Vernünftigen“ und „Demokraten“ in CDU und FDP, statt mit dem „Rechtspopulisten“ Schill doch lieber mit ihm zu koalieren - als ob das Wahlergebnis eine demonstrative Bestätigung erfolgreicher rot-grüner Politik wäre.
Aus diesen Reaktionen spricht ein merkwürdiges Demokratieverständnis. Der Wahlakt als Urteil des Wählers über die zur Wahl Stehenden, das gilt nicht mehr. Statt dessen maßen die Gewählten (und auch die Nichtgewählten) sich das Recht an, das Verhalten der Wähler zu be- oder verurteilen. Wer sein Kreuzchen an der politisch korrekten Stelle gemacht hat, ist ein guter Wähler, alle anderen sind zur öffentlichen Beschimpfung freigegeben.
Erst recht gilt diese Zweiklassen-Demokratie für die soeben Gewählten. Rot-Grün ist im Besitz der reinen Wahrheit, auch wenn das bedauerlicherweise nur noch von einer Minderheit der Wähler so wahrgenommen wird. CDU und FDP dürfen auf Schonung hoffen, solange auch nur eine vage Möglichkeit besteht, sie als Koalitionspartner zum Machterhalt zu nutzen.
Der „Feind“ aber steht rechts und heißt Schill. Als Begründung reicht, daß er für „Recht und Ordnung“ eintritt. Das hat der SPD-geführte Senat von Hamburg in den letzten Wochen vor der Wahl zwar auch getan, aber man weiß ja: Wenn zwei dasselbe tun …
Blickt man ohne ideologische Scheuklappen auf das Programm des „Richter Gnadenlos“, dann fällt der Vorwurf des „Rechtspopulismus“ in sich zusammen. Schill will erklärtermaßen die geltenden Gesetze konsequent zum Schutze der rechtstreuen Bürger anwenden - das ist Recht, aber nicht rechts. Er versteht es, dieses zentrale Thema in Worte zu kleiden, die der „normale“ Bürger auch ohne Studium der Politologie, Soziologie oder Psychologie versteht - das ist volksnah, aber nicht populistisch. Ansonsten müßte man zum Beispiel auch Martin Luther zum „Populisten“ umdeuten.
Was Schill alles im Wahlkampf und nach dem grandiosen Wahlerfolg angedichtet wurde, ist haltlos und zum Teil bösartig. Umgekehrt kann daraus aber noch keine „Erfolgsgarantie“ abgeleitet werden. Der Richter und seine Parteifreunde werden bald merken, daß es ein Riesenunterschied ist, Wahlkampf zu führen oder vier Jahre zu regieren. So wichtig das Thema Innere Sicherheit ist - gerade in Hamburg und gerade vor dem Hinmtergrund der jüngsten Entwicklungen -, die „Rechtsstaatliche Offensive“ muß sich auch andere Politikfelder erschließen; dafür braucht sie Personal und ein breiteres Programm.
Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland gab es viele Versuche, neue Parteien zu etablieren. Bis auf die Grünen sind alle gescheitert, und auch denen droht nun dieses - nur selten beklagenswerte - Schicksal. Ronald Schill hat eine realistische Chance, mit seiner Partei diesen Weg nicht gehen zu müssen.
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