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Zivilisten massakriert

 
     
 
Während sich Experten immer noch darüber streiten, ob der Irak erst kurz vor einem Bürgerkrieg steht oder schon mitten drin ist, hat die Gewalt in dem täglich von Attentaten geschüttelten Land am vergangenen Wochenende eine neue Dimension erreicht.

Schiiten hatten laut Augenzeugenberichten in einem Viertel in Bagdad Straßensperren errichtet, sich Ausweise zeigen lassen und Personen mit sunnitisch klingenden Namen zusammengetrieben und erschossen. Unter den über 40 Getöteten sollen auch Frauen und Kinder sein. Auch sollen Bewaffnete in Häuser von Sunniten eingedrungen sein und kaltblütig deren Einwohner ermordet haben.

Inwieweit die gezielte Tötung von Sunniten eine geplante Aktion war, läßt sich im in viele verschiedenartige Interessengruppen geteilten Irak kaum ausmachen. Der radikale Schiitenführer Moktada al-Sadr forderte zumindest offiziell ein Krisentreffen aller politisch Verantwortlichen, "um das Blutvergießen zu beenden".

Der irakische Präsident Jalal Ta-labani, eine Kurde, ist überzeugt, daß politische Kräfte bewußt religiöse Gründe vorschieben, um das Land in einen Bürgerkrieg zu treiben und damit für sich einen Machtgewinn
zu erreichen.

Adnan als Dulaimi, der Führer des politischen Sunniten-Blocks beschuldigt hingegen offen die von Schiiten dominierten Sicherheitskräfte und al-Sadres Mehdi-Armee mit den maskierten Attentätern an den Straßensperren zusammengearbeitet zu haben.

Tatsächlich werden die Milizen im Land, die eigentlich für Ruhe und Ordnung sorgen sollen, im-mer mehr als Gefahr für die schon lange nur noch in der Theorie vorhandene Einheit der Nation gesehen. "Es gibt Offiziere, die nicht in Leitungsfunktionen sein sollten, sondern den Justizbehörden übergeben werden sollten", so der sunnitische stellvertretende Ministerpräsident als Subaie gegenüber dem Fernsehsender "Al Dschasira". Allein in Bagdad kommen pro Monat 1000 bis 1300 Menschen im Monat durch Schußwaffen und Attentate ums Leben. Zwar gibt es noch den externen Krieg, in dem die Amerikaner als Feinde gelten, doch inzwischen richtet sich die Gewalt immer mehr nach innen gegen die eigenen Landsleute mit anderer islamischer Ausprägung.

Die Macht im Irak, die unter Saddam Hussein den Sunniten in seiner Clique gehörte, wird neu verteilt. Hier mischen nicht nur die irakischen Radikalen mit, son-dern auch islamistische Kämpfer aus dem Ausland. Da sich die jeweiligen Anführer auch innerhalb der eigenen Gruppe Positionsvorteile sichern müssen, ist keiner mehr vor keinem sicher.

All das hat zur Folge, daß sich vor allem in Bagdad die Stadtteile, in denen vorher Sunniten und Schiiten nebeneinander gewohnt haben, zugunsten der Mehrheit "säubern". Sunniten ziehen zu Sunniten, da sie ihrem langjährigen schiitischen Nachbar nicht mehr trauen können.

Auf Hilfe von der Polizei hofft schon lange keiner mehr, denn sie ist für ihre Brutalität und Korruption bekannt.
 
     
     
 
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