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104 Castor-Behälter müssen raus

 
     
 
Ohne nähere Kommentierung, aber immerhin wenigstens regelmäßig, berichtete der staatliche französische Auslandssender "Radio France International" über die Castor-Transporte von Ende März , die die deutsche Öffentlichkeit so nachhaltig
beschäftigten, die Franzosen jedoch gewohnt gleichgültig gelassen haben. Freilich machten führende französische Zeitungen wie der konservative "Figaro" oder die linksliberale "Le Monde" mit dem Problem des Atommülls auf Seite 1 auf, nur die führende Wirtschaftszeitung "Les Echos" kommentierte äußerst zurückhaltend. Was gewiß damit zu tun hat, daß die Medien in Frankreich sich stets nach dem Willen der jeweiligen Regierung, in diesem Falle nach Jospin, ausrichten, um dem außenpolitisch als heikel geltenden Problem des Atommülls einigermaßen publizistisch gerecht zu werden.

Im französischen Umweltministerium, dessen Amtsinhaberin eine Grüne, Dominique Voynet, ist, war dieselbe Zurückhaltung zu registrieren. Nach einem ihrer Berater handelt es sich bei diesen Atommülltransporten um eine eigentlich sehr "alte Geschichte". Der Beamte verwies darauf, daß Frankreich sich bei diesen Transporten auf das Gesetz "Bataille" von 1991 beruft, das die Lagerung von Atommüll in Frankreich über die gesetzlich vorgesehene Frist hinaus verbietet.

Doch insgesamt war keine einschlägig eindeutige Stellungnahme beim Pariser Umweltministerium zu erhalten, was vermuten läßt, daß die französischen Grünen die Regierung Jospin schonen und besonders den Premierminister nach dem zwischen ihm und Bundeskanzler Schröder getroffenen Übereinkommen absichtlich nicht anzugreifen wagen. Insofern war es daher auch dann nicht erstaunlich, daß die Pressemitteilung der grünen Gruppe in der Nationalversammlung äußerst karg ausfiel und vermutlich absichtlich die Problematik der Transporte nicht anrührte. Laut den französischen Grünen gehe es einfach darum, die Wiederaufbereitungsanlagen in La Hague zu schließen und selbstverständlich "den Kampf weiterzuführen".

Im Gegensatz zu dem, was in Deutschland geschah, verlief in Frankreich der Castor-Transport problemlos. 1500 Gendarmen und Mitglieder von Sondereinheiten der Polizei waren zwar auch unterwegs, aber abgesehen von einigen Demonstranten am Grenzkontrollpunkt Lauterburg im Elsaß waren keine Behinderungen zu notieren. Sicherlich ist die Erzeugung der Elektrizität durch Kernkraft seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr der Gegenstand von Debatten in Frankreich, obgleich die französischen Grünen immer mit unverbindlicher Unterstützung der Medien rechnen können. Und so sprach denn auch "Le Monde" in einem Leitartikel abermals von der Notwendigkeit einer "demokratischen Debatte" über das Problem des Atommülls, daß eine Einheitsfront in Europa in Sachen Verwendung der Atomenergie zustande komme. Man kann aber mit einiger Sicherheit sagen, daß die Pariser Behörden sich derzeit in die deutsche Nukleardebatte nicht einmischen wollen.

Am Sitz der COGEMA (Compagnie Générale des Nucléaires), des Staatskonzerns, der die Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague am Ärmelkanal betreibt, heißt es, daß zwischen Juli 1998 und Januar 2001 898 Transporte von und nach La Hague durchgeführt wurden, und zwar mit französischen, belgischen, Schweizer und niederländischen Kunden. Es gibt noch 104 Castor-Gefäße, die nach Deutschland während der kommenden sieben oder acht Jahre zurückgeschickt werden müssen. Die technischen Verseuchungsprobleme, die 1998 aufgetaucht seien, beträfen andere Stoffe als diejenigen, die jetzt befördert würden – so jedenfalls der Pressesprecher der COGEMA.

Die Atomenergie liegt in Frankreich noch immer ausschließlich in öffentlichen Händen. Vorgesehen ist jedoch, sie Ende des Jahres privaten Trägern zu überantworten. Im Hinblick auf die bestehende Problematik des Wiederaufarbeitens glaubt "Le Monde" zu wissen, daß die Wiederaufbereitungsanlagen der COGEMA jedoch davon ausgenommen bleiben werden, hier soll die öffentliche Hand weiter bestimmen. Dazu scheint es wohl auch ein zu einträgliches Geschäft zu sein, das immerhin jährliche Einkünfte von 39 Milliarden France (circa 12 Milliarden Mark) verspricht. Doch selbst wenn Teile an private Interessenten abgetreten werden würden, bliebe der französische Staat Garant und Kontrolleur aller mit der Atomenergie im Zusammenhang stehenden Probleme, gleichgültig ob er nun von den Gaullisten oder Sozialisten beherrscht wird. Francisco Lozaga

 
     
     
 
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