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Viele Menschen in Deutschland leben in Orten, die vor 300 oder 500 Jahren gegründet wurden. Stolz kann sein, wer auf 700 und mehr Jahre Heimatgeschichte zurückblicken kann. Weinsdorf - ein typisches Bauerndorf im ostdeutschen Oberland gehört zu ihnen. Am 30. März 1304 beurkundete in Thorn der Landmeister des Deutschen Ordens in Preußen, Konrad Sack, die vom Komtur von Christburg, Sieghard von Schwarzburg, vorgenommene Verleihung des 60 Hufen umfassenden Siedlungsgebietes an den Schulzen Wiegand. Diese Verleihungsurkunde, von der sich eine Kopie heute im Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem befindet, ist gewissermaßen die Geburtsurkunde von Wigandisdorf, dem späteren Weinsdorf im Kreis Mohrungen.
Der Christburger Komtur Sieghard von Schwarzburg, der von 1301 bis 1311 dieses Amt wahrnahm, nutzte die ersten drei Jahre seiner Amtszeit zur Planung und Vorbereitung einer größeren Besiedlungsaktion, an deren Anfang 1304 das an strategisch wichtiger Stelle südlich des Ewingsees und der Nordspitze des Geserichsees liegende Wigandisdorf stand.
Anders als an die Gründungsphase wird sich noch so mancher Weinsdorfer an die Jahre zwischen den Weltkriegen erinnern. Vieles ließe sich über das Leben der damals etwa 750 Bewohner von Weinsdorf berichten: von Schützenfesten und Feuerwehrbällen, von Sänger- und Kappenfesten, von den kleinen Theateraufführungen, die Lehrer Jankuhn in Krogolls Wald mit seinen Schülern darbietet, vom gemischten Chor, der voller Inbrunst zu Weihnachten in der Kirche "Maria durch ein Dornwald ging" singt. Mit dem Krieg wird das Leben schwieriger, nicht wenige Männer kehren aus dem Feld nicht mehr nach Weinsdorf zurück, dann das für alle Unfaßbare, am 21. Januar 1945 die Nachricht, daß wieder einmal russische Truppen fast schon in der guten Stube stehen. Viele Weinsdorfer begeben sich auf die Flucht. Was sich in Weinsdorf und Ostdeutschland in diesen Tagen abspielt, ist nur mit dem Tatareneinfall im zweiten polnisch-schwedischen Krieg zu vergleichen. Und die Überlebenden, die nicht fliehen können oder wollen oder von den Russen zurückgeschickt werden, werden ab Herbst 1945 von Polen ausgewiesen oder sollen die Nationalität ihrer Peiniger annehmen. Ausländer in ihrer eigenen Heimat Weinsdorf.
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es heute viele Orte, in denen ein größerer Teil der Bevölkerung nichtdeutscher Nationalität ist und auch unserem Kulturkreis, unseren Werten und Traditionen sehr fern steht. In Weinsdorf war das - wie fast überall in Ostdeutschland - ganz anders. Hier seien als Beleg die statistischen Angaben von 1905 zitiert, die sehr sachlich davon zeugen. Von den damals 672 Einwohnern waren alle evangelischen Glaubens und 671 Deutsche. Nur ein einziger evangelischer Pole lebte in dem Dorf. Ein ostdeutscher Ort, ein deutsches Dorf, wie es im Buche steht. Wenn wir also in diesen Tagen des 700. Gründungstages von Weinsdorf gedenken, kann jeder redliche Preuße Stolz sein auf die zivilisatorische Leistung, die unsere Landsleute in fleißiger, mühevoller Arbeit in den fast sieben Jahrhunderten erbracht haben - hier in Weinsdorf wie in vielen Orten zwischen Memel und Weichsel.
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