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Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) wird es schwer haben, nach der Sommerpause politische Verbündete für seine neuen Kombilohn-Pläne zu finden - die "Initiative 50 plus" soll mit Lohnsubventionen ältere Arbeitslose wieder in Beschäftigung bringen. Aber von solchen Höhenflügen haben die meisten Beteiligten mittlerweile genug.
Inzwischen bildet sich eine Allianz gegen die ständigen Schönheitsretuschen am Arbeitsmarkt heraus - mit dabei sind auch die "Bundesagentur für Arbeit" und der "Zentralverband des Deutschen Handwerks" (ZDH). Die Devise ist klar: Schluß mit den staatlichen Eingriffen in den Arbeitsmarkt.
Handwerkspräsident Otto Kentzler gab sogar die gewohnte Zurückhaltung gegenüber den Medien auf und las der Bundesregierung mit einer Art Interview-Offensive die Leviten. "Die Politik muß sich endlich von dem Irrglauben verabschieden, Arbeitsmarktprobleme über die Förderung einzelner Personengruppen lösen zu können", meinte der ZDH-Präsident. Die lange vom Handwerk bekämpften Ich-AG s sind inzwischen wieder abgeschafft, jetzt sollen die Ein-Euro-Jobs gestrichen werden. Und am liebsten noch mehr: "Es wird Zeit, daß der ausufernde Instrumentenkasten entrümpelt wird", verlangte der Handwerker-Chef.
"Jeder Minister hat sich mit einer vermeintlich paßgenauen Förderung für eine Problemgruppe ein Denkmal gesetzt", höhnte Kentzler in der "Berliner Zeitung". Geholfen hat es den Arbeitssuchenden aber nicht. Im Gegenteil - reiht sich in einem Lebenslauf Fördermaßnahme an Fördermaßnahme, kommt das bei Bewerbungen schlecht an; es spreche nur für eine Subventionsmentalität.
In keinem Wirtschaftszweig schlagen Arbeitsmarkteingriffe so schnell durch wie im Handwerk, in der Gastronomie und auch in der Bauwirtschaft. Daher können diese Betriebe auch belegen, wie man sich mit der Konkurrenz durch Ein-Euro-Jobber herumschlagen muß, gegen alle öffentlichen Beteuerungen.
Diese Wirtschaftszweige sind auch gute Seismographen der Konjunktur, werden von der Öffentlichkeit allerdings wenig beachtet. Während die Ankündigung von Massenentlassungen bei Großunternehmen wie "Siemens" oder "Allianz" Schlagzeilen machen, geht die Erosion der Arbeitsplätze im Handwerk still vor sich: Fast 150000 Vollzeitstellen gingen Jahr um Jahr verloren, jetzt glaubt Handwerkspräsident Kentzler, daß der Stellenschwund sich für 2006 auf 60000 Arbeitsplätze beschränken läßt.
Kentzler, der selbst ein Familienunternehmen in Nordrhein-Westfalen leitet, erwartet nun von der Politik, daß sie in die Hufe kommt. Die Tarifparteien hätten ihre Hausaufgaben gemacht, die Arbeitskosten seien gesenkt, mit den Gewerkschaften wurden Lohnzurückhaltung und längere Arbeitszeiten vereinbart. Jetzt müßten die Parteien die Rahmenbedingungen etwa beim Kündigungsschutz verbessern.
Schützenhilfe bekommt das Handwerk von der "Bundesagentur für Arbeit". Rund 80 spezielle Fördermaßnahmen haben Politiker der verschiedenen Koalitionen in den letzten Jahren erfunden, geholfen hat es auf dem Arbeitsmarkt kaum. "Wir können uns eine radikale Reduzierung dieser Modelle vorstellen, und wir würden auch gern die Politik in dieser Richtung beraten", formulierte es Heinrich Alt aus dem Vorstand der Bundesagentur.
Alt läßt keinen Zweifel, daß man in den Arbeitsämtern die Arbeitsmarkt-Sonderprogramme mehr oder minder für Geldverschwendung hält. 13 Milliarden Euro kosten die ungeliebten Fördermaßnahmen im Jahr, da könne vieles wesentlich schlanker und transparenter gehandhabt werden, hieß es.
Die Nürnberger Bundesagentur hat in diesem Jahr schon vorgemacht, wie man durch beherztes Wirtschaften viel erreichen kann, hochgerechnet wird sie bis zum Jahresende rund sieben Milliarden Euro eingespart haben und ihren Haushalt mit einem Plus in dieser Höhe abschließen. |
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