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Allenstein-Land: sine amicitia - nulla vita

 
     
 
Getreu dem weisen Spruch "Ohne Freundschaft ist kein Leben" hat es sich die Kreisgemeinschaft Allenstein-Land, die sich Ende 1989 neu formiert hatte und im Juni 1990 gerichtlich eingetragen wurde, von Anbeginn zur Aufgabe gemacht, zwischen den Städten und den von den Polen gebildeten Großgemeinden auf dem Gebiet des alten Landkreises Allenstein auf der einen Seite sowie den Großgemeinden aus den Reihen ihres Patenkreises, dem Landkreis Osna-brück, auf der anderen Seite Partnerschaft
en zu vermitteln. Hatte sie seit 1955 jahrzehntelang von der Patenschaft des Landkreises Osnabrück auf vielerlei Gebieten profitieren können, so wollte sie nunmehr in Ausführung der deutsch-polnischen Verträge über "gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusam-menarbeit" vom 14. November 1990 und 17. Juni 1991 die polnischen Großgemeinden des alten Landkreises Allenstein daran teilhaben lassen; denn Partnerschaft heißt, grundsätzlich Freundschaft mit einem anderen zu haben, zusammenzuhalten, zueinander zu stehen und für den anderen dazusein; sie bedeutet aber auch, die Dinge mit den Augen des anderen zu sehen, den anderen ernst zu nehmen, mit ihm zu lachen und fröhlich zu sein, Urteile und Meinungen des anderen anzuhören und zu bedenken, selbst wenn sie mit den eigenen Bewertungen und Vorstellungen nicht übereinstimmen. Grundlage einer jeden Partnerschaft sind Wahrheit und Aufrichtigkeit.

Schon im April 1991 führte der neue Kreisvertreter Leo Michalski mit Vorstandsmitgliedern von Allenstein-Land und Allenstein-Stadt in Allenstein zunächst Gespräche mit der deutschen Volksgruppe, stand dieser bei der bevorstehenden Vereinsgründung beratend zur Seite und band sie schließlich in die Gespräche und Verhandlungen mit dem Stadtpräsidenten von Allenstein mit ein. Als Oberbürgermeister einer kreisfreien Stadt schied dieser jedoch als Ansprechpartner für die vertriebene Allensteiner Landbevölkerung aus. Eine polnische Kreisverwaltung gab es damals in der Stadt Allenstein nicht.

Auf der Suche nach einem anderen Ansprechpartner wurde die Stadt Wartenburg, einst einzige Stadt im Landkreis Allenstein, gewonnen. Nach Verhandlungen zwischen der Kreisgemeinschaft sowie den damaligen Bürgermeistern von Wartenburg, Antoni Ropelewski, und von Hagen am Teutoburger Wald, Hubert Große Kracht und Martin Frauenheim, wurde zwischen beiden Gemeinden ein Freundschaftsvertrag unter Einbeziehung der Kreisgemeinschaft Allenstein-Land abgeschlossen, der am 2. Juli 1994 in Wartenburg und am 23. September 1995 in Hagen während des Heimatkreistreffens feierlich unterzeichnet wurde. Dabei wurde beiderseits festgeschrieben, daß zu den Aktivitäten auf beiden Seiten die Entwicklung in den Bereichen der bildenden, kulturellen und sportlichen Zusammenarbeit gehört. Auf die Begegnung von Kindern und Jugendlichen soll besonderer Wert gelegt werden. Zusätzlich erklärte sich die Gemeinde Hagen bereit, Verwaltungshilfe zu leisten.

Um in dieses deutsch-polnische Partnerschaftsgeschehen auch den Paten der Kreisgemeinschaft, den Landkreis Osnabrück, einbeziehen zu können, mußten zunächst einige Hürden genommen werden. Auf polnischer Seite sollte eine "Kreisersatzebene" geschaffen werden. Das geschah mit Hilfe des polnischen Innenministeriums durch die Gründung des "Ermländischen Gemeindeverbandes e.V.", dem die Bürgermeister der sechs Großgemeinden auf dem Gebiet des alten Landkreises Allenstein angehörten. In der Entwicklung dieses Vereins wurden sie bei mehrmaligen Besuchen der Osnabrücker und der Vertriebenen beraten. Landtagsabgeordneter Georg Schirmbeck äußerte dabei: "Wir wollen auf Kreisebene gute Beziehungen zwischen Deutschen und Polen aufbauen wie einst zwischen Deutschen und Franzosen". Mit diesem Gemeindeverband schloß der Osnabrücker Landrat Manfred Hugo am 23. März 1998 in Osnabrück einen Partnerschaftsvertrag nach dem Vorbild des Freundschaftsvertrages Wartenburg-Hagen. Erweitertes Ziel ist es, für die übrigen Großgemeinden aus dem Landkreis Allenstein - neben Wartenburg -, für Dietrichswalde, Diwitten, Jonkendorf, Purden und Stabigotten, Partnerschaften im Osnabrücker Land zu vermitteln.

Ein weiterer Partnerschaftsvertrag wurde nach Wiedereinführung der alten deutschen Kreise, häufig mit veränderten Kreisgrenzen, abgeschlossen. Er war genau das, was im Jahre 1992 beabsichtigt war: Ein Partnerschaftsvertrag zwischen den Landkreisen Osnabrück und Allenstein. Das geschah am 21. Mai 1999 während einer Kreistagssitzung in Allenstein zwischen dem Osnabrücker Landrat Manfred Hugo und dem Landrat des Kreises Allenstein, Adam Sierzputowski. In diesem Vertrag heißt es: "Als einen weiteren Schritt zum Aufbau eines Vereinten Europa und zur Förderung der Völkerverständigung auf kommunaler Ebene sollen die schon aufgenommenen Beziehungen mit Leben erfüllt werden. Im Mittelpunkt steht die Förderung und Weiterentwicklung der öffentlichen Verwaltung, die Förderung des Austausches und die Verständigung der Jugend, der Aufbau und die Entwicklung des gegenseitigen Sportleraustausches, die Vertiefung der gegenseitigen Kenntnisse über Kultur, Tradition und Sprache und die Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den in beiden Kreisen ansässigen Unternehmen". Dieser Freundschaftsvertrag zwischen einem bundesdeutschen Landkreis als Patenschaftsträger einer Kreisgemeinschaft und einem von den Polen eingerichteten Kreis auf dem Gebiet Ostdeutschlands wurde am 25. November 1999 in Osna-brück während einer gemeinsamen Kreistagssitzung von 40 Kreistagsabgeordneten aus Allenstein und 50 aus dem Landkreis Osnabrück im Beisein der Vertreter der Kreisgemeinschaft bestätigt. Dabei lobte der Allensteiner Landrat unter starkem Beifall der Versammlung den jahrelangen selbstlosen Einsatz der Vertreter der Kreisgemeinschaft in dem Bemühen um eine Annäherung und Verständigung von Deutschen und Polen und fügte hinzu: "Ohne die Herren Michalski, Gehrmann, Graf und Tuguntke wären wir heute nicht hier in Osnabrück."

Galt es für den Ermländischen Gemeindeverband noch fünf Partnerschaften im Landkreis Osnabrück zu vermitteln, so waren es nach Inkrafttreten der neuen polnischen Gebietsreform und der Wiedereinführung von Kreisen zum 1. Januar 1999 nunmehr elf Städte und Gemeinden im größer gewordenen Kreis Allenstein. Durch ständiges Bemühen des Partnerschaftsbeauftragten im Landkreis Osnabrück, Karl-Heinz Finkemeier, und des Kreisvertreters Leo Michalski mit seinen Mannen ist es unter Mitwirkung der Allensteiner Kreistagsabgeordneten Anna Wagner-Rybinska gelungen, für alle zwölf Großgemeinden aus dem neuen Kreis Allenstein Partner im Landkreis Osnabrück zu finden. Es sind in Freundschaft zusammengekommen: Wartenburg mit Hagen, Dietrichswalde mit Badbergen (Artland), Jonkendorf mit Menslage (Artland), Stabigotten mit Wallenhorst, Guttstadt mit Quakenbrück (Artland), Heiligenthal mit Nortrup (Artland). In Vorbereitung sind Partnerschaften zwischen Diwitten und Dissen, Purden und Bissendorf, Bischofsburg und Bramsche, Hohenstein und Bad Iburg sowie Groß Köllen und Fürstenau. Eine weitere Partnerschaft zwischen Seeburg und Bad Rothenfelde wird angestrebt.

Welchen Nutzen die deutsch-polnischen Partnerschaften den Menschen in der Heimat - deutschstämmigen Heimatverbliebenen wie Polen - bis jetzt brachten, verdient durchaus Erwähnung: Zunächst wurden die neu gegründeten Vereine der deutschen Volksgruppe in Allenstein und Wartenburg ideell und finanziell unterstützt, dann der Wartenburger Kindergarten ausgestattet; es folgte eine Beteiligung an den Kosten für die Ausrichtung von Sommerferienla-

gern deutschstämmiger Grundschüler aus dem Altkreis, für den alljährlichen Schüleraustausch zwischen Wartenburg und Hagen sowie für die Treffen der Jugendfeuerwehren. Die Partner halfen bei der Bettenbeschaffung für das St. Georgsheim in Wartenburg wie auch bei der Einrichtung einer Rot-Kreuz-Station in Wartenburg und der Lazarus-Station in Groß Kleeberg, schließlich auch mit medizinischen Geräten für das Krankenhaus in Guttstadt. Die Kirchengemeinde in Groß Kleeberg erhielt Spenden für den Bau einer Jugendbegegnungsstätte auf dem Kirchengelände, für die Errichtung eines Holzkreuzes zur Erinnerung an verstorbene Dorfbewohner und für das Märtyrerdenkmal zu Ehren der von der Roten Armee ermordeten ermländischen Priester. Weitere Spenden wurden aufgebracht für die Grabplatte in der Kirche von Groß Bertung zum Gedenken an den von den Sowjets 1945 ermordeten Pfarrer Langkau, ferner für den Grabstein auf dem Friedhof in Klaukendorf und für den Gedenkstein in Hirschberg, in beiden Fällen zum Gedenken der im Januar 1945 ermordeten Dorfbewohner, schließlich für die Errichtung eines neuen Holzkreuzes auf dem historischen Kreuzberg (Vorburg) in Wartenburg und für den Erhalt der nach dem Ersten Weltkrieg errichteten Kriegerdenkmäler in Hirschberg und Ramsau, ebenso für die Wiederanfertigung des Gedenkkreuzes auf dem Blecksberg in Darethen ("Feldherrenhügel") zur Erinnerung an die hohen Verluste der Schlacht um Tannenberg und für die Neuanlegung des Heldenfriedhofs in Da-rethen mit Gräbern deutscher und russischer Gefallener.

Beachtliche Spenden flossen dem Klerus zu für die Renovierung der Kirchen in Wartenburg, Gillau, Neu-Kockendorf, Groß Bartelsdorf, Groß Lemkendorf, Grieslienen und Ramsau, auch für die Kapellen im St. Georgsheim in Wartenburg und in Mokainen. Eben-

falls wurde die Verschönerung einiger ermländischer Wegkapellchen im alten Kreisgebiet mit Spenden bedacht. Die Partner aus dem Artland im Landkreis Osnabrück überbrachten nach Dietrichswalde und Guttstadt je ein gebrauchtes Feuerwehrauto, ebenso die Gemeinde Hagen ein gebrauchtes Löschfahrzeug nach Wartenburg. Landrat Manfred Hugo stiftete für seinen Amtskollegen in Allenstein einen gebrauchten Unimog-Schlepper mit einem Rasenkantenschneider, einem Schneepflug und einem Streugerät sowie im letzten Winter, als das Allensteiner Land im Schnee versank, eine gebrauchte Schneefräse. Auch für das Projekt "Regionalflughafen Grieslienen" will sich der Osnabrücker Landrat verstärkt engagieren. Des weiteren wird die Versorgung von Kreis- und Ge- meindeschulen im Allensteiner Raum mit Deutschlehrern vorrangig betrieben. Deshalb erhielten jüngst einige Junglehrer aus der Heimat vom Osnabrücker Landrat ein Stipendium für den Besuch eines Semesters an der Universität in Osnabrück. Auch wurde kürzlich einigen Deutschlehrern aus dem Kreis Allenstein eine zweiwöchige Hospitanz an Schulen im Landkreis Osnabrück ermöglicht. Zur beruflichen Fortbildung wurden Kommunalpolitikern, Journalisten und Jungbauern aus dem Kreis Allenstein Seminare in Osnabrück, Hagen und Georgsmarienhütte angeboten.

Der Landrat des neuen Kreises Allenstein, Adam Sierzputowski, hat durchaus erkannt, daß die Zuwendungen an den Allensteiner Raum auf die guten Beziehungen der Kreisgemeinschaft zu ihrem Paten in Osnabrück zurückzuführen sind. Deshalb wird er in diesen Tagen in Allenstein vor eigenen Kreistagsmitgliedern und solchen aus Osnabrück mit der Kreisgemeinschaft Allenstein-Land, vertreten durch den Kreisausschuß, einen Freundschaftsvertrag unterzeichnen. Das bedeutet: Der alte Landkreis Allenstein und der neue Kreis Allenstein in Freundschaft verbunden. Horst Tuguntke

 

Bundespolitiker in Ostdeutschland: Einträchtig stehen die niedersächsischen Landtagsabgeordneten Georg Schirmbeck (links) und Irmgard Vogelsang (rechts) sowie Kreistagsabgeordnete aus Osnabrück mit dem Kreisvertreter Leo Michalski (Mitte) und den Mitgliedern des Ermländischen Gemeindeverbandes vor dem Wartenburger Rathaus.

 

Polnische Politiker in der Bundesrepublik: Landrat Adam Sierzputowski trägt sich in Gegenwart von Oberkreisdirektor Heinz-Eberhard Holl (links), Landrat Manfred Hugo (Mitte rechts) und dem Vorsitzenden des Ermländischen Gemeindeverbandes, Marian Listwan, (rechts) in das Goldene Buch des Landkreises Osnabrück ein. Im selben Jahr (1999) unterzeichneten Sierzputowski und Hugo einen Partnerschaftsvertrag. Fotos: (1) Lindemann; (1) Tuguntke (rechts obe
 
     
     
 
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