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Kommunismus 100 Millionen Tote - Die Bilanz des roten Terrors

 
     
 
Die "Entkulakisierung" von 1930 bis 1933 – deutsch: Bauernlegung, Bauernausrottung – sei nichts anderes als eine Wiederholung der "Entkosakisierung" im großen Stil gewesen, schreibt Stéphane Courtois im Vorwort des Schwarzbuches. Wobei unter "Kulak" (Faust) nicht etwa der Großgrundbesitzer oder Großbauer verstanden wurde (die gab es seit 1918 ohnehin nicht mehr), sondern der kleine oder mittlere Privatbauer im typischen Familienbetrieb, ohne Knechte, Mägde, Saison
arbeiter.

Der Bauern-Holocaust sei von Stalin selbst gefordert worden, berichtet Courtois, unter der offiziellen, von der Parteipropaganda verbreiteten Pogromlosung: "Die Kulaken als Klasse auslöschen."

Bauern, die sich der Kollektivierung widersetzten, wurden erschossen oder zusammen mit Frauen, Kindern, Alten in die sibirische Tundra oder mittelasiatische Wüste deportiert. Courtois:

"Die Zwangsarbeit in Sibirien und dem hohen Norden ließ ihnen kaum eine Überlebenschance. Hunderttausende kamen dort um ... Die große Hungersnot von 1932/33 in der Ukraine, die mit dem Widerstand der Landbevölkerung gegen die Zwangskollektivierung zusammenhing, forderte binnen weniger Monate sechs Millionen Todesopfer. Hier sind sich ,Rassen-Genozid‘ und ,Klassen-Genozid‘ sehr ähnlich: Der Tod eines ukrainischen Kulakenkindes, das das stalinistische Regime gezielt der Hungersnot auslieferte, wiegt genau so schwer wie der Tod eines jüdischen Kinds im Warschauer Ghetto."

Die mörderischste, die holocaustische Waffe der Bolschewiken war der Hunger. Stalin, bemerkt Nicolas Werth im Schwarzbuch, setzte sie planmäßig ein. In der Ukraine hatte der Bauernmord auch einen nationalen Hintergrund: der Unabhängigkeitsdrang der Ukrainer sollte an seiner bäuerlichen Basis tödlich getroffen werden.

Stalin berichtete später dem britischen Premierminister Churchill von zehn Millionen Opfern: "Aber wir mußten es tun, um unsere Landwirtschaft zu modernisieren. Am Schluß hat sich die Agrarproduktion verdoppelt. Was bedeutet schon eine Generation?" Churchills Leibarzt Lord Moran hat Stalins Worte in seinem Tagebuch festgehalten.

Ende der zwanziger Jahre führte die GPU ein Quotensystem für den Genozidkrieg ein: Jede Region, jeder Bezirk, jede Stadt, jedes Dorf mußte einen bestimmten Prozentsatz von Personen denunzieren, verhaften, verschleppen oder erschießen, die "feindlichen" Gesellschaftsschichten angehörten. Courtois entschlüsselt das statistisch-bürokratische Grauen:

"Diese Prozentsätze wurden zentral von der Parteileitung festgelegt. Planungswut und Statistikmanie betrafen nicht nur die Wirtschaft, sondern eroberten auch den Bereich des Terrors. Von 1920 an, seit dem Sieg der Roten über die Weiße Armee auf der Krim, wurden statistische beziehungsweise soziologische Methoden angewandt: Die Opfer werden nach genau festgelegten Kriterien ausgewählt, gestützt auf Fragebögen, denen sich keiner entziehen kann. Nach denselben ,soziologischen‘ Methoden organisieren die Sowjets die Liquidationen und Massendeportationen in den baltischen Staaten und im besetzten Polen der Jahre 1939 bis 1941 .... 1943/44, mitten im Krieg, ließ Stalin Tausende Waggons und Hunderttausende Soldaten der NKWD-Sondertruppen von der Front abziehen, um sicherzustellen, daß die kaukasischen Völker binnen weniger Tage deportiert wurden. Diese Logik des Völkermords ... fand in den Taten Pol Pots und seiner Khmer Rouge ihren Höhepunkt." Über den planwirtschaftlich betriebenen Volksmord der Roten Khmer berichtet Koautor Jean Louis Margolin. Wie Lenin, Stalin, Mao wollte auch Pol Pot, ein im Pariser Exil zum Marxismus-Leninismus bolschewistischer Prägung erzogener Intellektueller (Margolin nennt ihn einen "französischen Kommunisten" ), die GULag-Gesellschaft auf einen Schlag verwirklichen. Nur noch schneller sollte es gehen unter totalem Verzicht auf Übergangsphasen.

Innerhalb zweier Jahre war die Kollektivierung des Agrarstaates Kambodscha abgeschlossen. Soziale Unterschiede wurden erledigt durch die physische Auslöschung der besitzenden Schichten, der Kaufleute, der Bauern, der Intellektuellen. Zu den letzteren zählte jeder, der eine Brille oder Zahnbürste besaß. Der Gegensatz zwischen Stadt- und Landbevölkerung wurde in einer Woche beseitigt. Die Städter wurden in den Urwald getrieben. Roaring fields, bloody fields, killing fields.

In knapp drei Jahren ermordeten Pol Pots Radikalbolschewiken zwei Millionen Kambodschaner, ein Drittel der Bevölkerung des Landes. "Für das System, das wir aufbauen wollen, genügen eine Million gute Revolutionäre", sprach Pol Pot. "Die anderen brauchen wir nicht. Lieber erschießen wir zehn Freunde, als daß wir einen Feind am Leben lassen."

Wobei es Pol Pots Bolschewiken nicht nur beim Erschießen beließen. Den grausamsten Tod erlitten die Gefolterten. Bis zum Kopf im Sumpf oder Sand verscharrt, wurde der/die Gemarterte zerbissen von hungrigen Ratten, die von einem Käfig aus in Nase, Ohren, Augen eindrangen und Organe, Hirn, den ganzen Körper auffraßen. In anderen Fällen wurden hungrige Schlangen in den Anus eingeführt. Der Sadismus dieser asiatischen Kommunisten, geistig großgezogen mit den Lehren von Marx, Lenin, Trotzki, Stalin, Mao, kannte keine Grenzen holocaustischer Phantasie.

1979 setzte der Einmarsch der vietnamesischen Armee dem Pol-Pot-Grauen ein Ende. Nicht einer Intervention oder Invasion der demokratischen, abendländischen Welt verdankten vier Millionen Überlebende ihre Befreiung aus der bolschewistisch-asiatischen Schreckenszeit. Vietnam war selbst rot regiert, und es flohen gerade in jener Zeit zigtausende "Boatpeople" auch aus jenem Land.

Das Jahrhundert der Vernichtungslager ist in Asien noch nicht vorbei. Im vergangenen November zeichnete Myong-Chol Ahn, ein aus Nordkorea geflohener KZ-Wärter, auf ein Blatt Papier die Lage kommunistischer Konzentrationslager in seinem Land. In diesen befinden sich fast 300 000 Häftlinge. Sie müssen "schuften wie die Tiere", schreibt Pierre Rigoulot im Schwarzbuch. Etwa zwei Millionen Nordkoreaner sind in den vergangenen fünfzig Jahren ums Leben gekommen. Erschossen, zu Tode gefoltert, verhungert, kannibalisiert. Rigoulot berichtet von medizinischen Versuchen zur Erprobung von chemischen Waffen, Kampfgas. Foltermethoden. Das Schrecklichste erleiden die Frauen. Myong-Chol Ahn: "Es gibt viele Vergewaltigungen, bei Schwangerschaften werden die Frauen umgebracht. Die Föten kriegen die Tiere."

Ist die "orientalische Despotie" (Rudi Dutschke) daran schuld? Keineswegs. Alle Holocaust-Wege führen zurück zu Lenin, Trotzki, Stalin, die bekanntlich keine Asiaten waren. Stalin telegraphierte nach dem Revolverattentat auf Lenin am 6. August 1918 an das damalige Staatsoberhaupt Swerdlow: "Der Kriegsrat der Nordkaukasischen Front erfuhr vom Anschlag der Bourgeoisie auf den größten Revolutionsführer der Welt und Lehrer des Proletariats, den Genossen Lenin. Darauf gibt es nur eine Antwort: offener, massenhafter, systematischer Terror gegen die Bourgeoisie und ihre Agenten." Unterschrieben von Stalin und Worschilow am 31. August 1918. Damit schloß sich Stalin der Meinung von Sinojew an, der als Vergeltung die Liquidierung von "mindestens" zehn Millionen Russen verlangt hatte.

Stalin forderte und unterstützte ab 1918 die Bekämpfung der Kosaken, die Säuberung der Intelligenzija, die Ausrottung des Bürgertums, die Verfolgung der Kulaken, die Ausrottung der Christen, die Entwurzelung der Kleinbauernschaft, die Kollektivierung der Dörfer. "Terror ist absolut notwendig, absolut nützlich im Kampf mit unserem Klassenfeind", schrieb Stalin in Band 12 seiner gesammelten Werke auf Seite 209.

Trotzdem vertrauten und folgten ihm Legionen von westlichen Antifaschisten, vor und lange nach dem Krieg, über die der französische Jude Raymond Aron vor einem halben Jahrhundert ein moralisches Todesurteil fällte:

"Wer ein Regime, das Konzentrationslager einrichtet und eine politische Polizei unterhält, die jene der Zaren weit übertrifft, als Station auf dem Weg zur Befreiung der Menschheit betrachtet, der verläßt die Grenzen der selbst für Intellektuelle noch erträglichen Idiotie." ("Le Figaro" am 11. April 1948.)

Es gibt sie noch, die intellektuellen Idioten, sieben Jahre nach dem Untergang der Sowjetunion und der Entlarvung des bolschewistischen Holocaust. Die teilweise paranoide Reaktion auf das Schwarzbuch beweist es, vor allem in den Sparten der "Zeit" (Chotjewitz, Baier, Habermas, Hildermeier). Der Berliner Antifaschist und FU-Historiker Wolfgang Wippermann denunziert das Schwarzbuch als "Geschichtsschreibung mit dem Taschenrechner", so als käme es nicht auf hundert Millionen Tote an, wenn nur die humanistische Absicht gegeben sei.

Schon heute läßt sich feststellen, daß das Schwarzbuch den deutschen Historikerstreit neu entfacht, ihn europäisiert hat. Im Vordergrund stehen zwei Phänomene: die von Ernst Nolte formulierte These vom "kausalen Nexus" und die Neuinterpretation von "Einzigartigkeit".

Der Kardinalthese von Nolte, wonach der Nationalsozialismus im wesentlichen eine Reaktion auf den Bolschewismus gewesen sei, pflichtete auch der führende französische Geschichtsschreiber Francois Furet bei. "In praktischer Hinsicht führt die von Lenin betriebene Ausmerzung des Bürgertums im Namen der Abstraktion der klassenlosen Gesellschaft in dem Augenblick zu einer sozialen Panik, da Europa am schwächsten gegenüber der kommunistischen Bedrohung ist. Dies führt zum Triumph Hitlers und des nationalsozialistischen Gegenterrors." (Auf S. 13 des Briefwechsels Francois Furet – Ernst Nolte "Feindliche Nähe. Kommunismus und Faschismus im 20. Jahrhundert", Herbig, München 1998.) Ursprünglich sollte Furet das Schwarzbuch-Vorwort schreiben; der Historiker starb im Juli 1997. Und was die "Einzigartigkeit" betrifft, bedeutet der bolschewistische Holocaust ein Extrem, für das es keine Präzedenz und keinen historischen Vergleich gibt. Der GULag bleibt ein einzigartiges Verbrechen in der Geschichte der europäischen Zivilisation.

Der Trost bleibt, daß sich die Völker der ehemaligen Sowjetunion die Grundlagen der Humanität auch von diesem monströsen Terror nicht haben zerstören lassen. Am Ende fanden sie die Kraft, sich nach über 70 Jahren selbst zu befreien.

Ehrliche Aufarbeitung der Geschichte läßt nicht nur deshalb einen Vergangenheitsmißbrauch in Form von "Kollektivschuldthesen" nicht zu, wie sie wahrheitswidrig und aus durchsichtigen Motiven immer wieder gegen das deutsche Volk in Stellung gebracht werden – meist in mehr oder weniger erpresserischer Absicht.

Nicht nur im Positiven, auch in der Erfahrung von Schrecken und Verführung haben Deutsche und Russen sehr viel Gemeinsames durchlebt. Darin liegt die Chance des gemeinsamen Neuanfangs. Die Mahnung der Geschichte lautet, diese Chance nicht zu vertun. Schluß

 

 
     
     
 
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