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Alles auf Anfang

 
     
 
Im vergangenen Jahr machten unsere Nachbarn mit dem Motto "Österreich ist das bessere Deutschland" von sich reden. Kein Wunder, daß so viel Frechheit den größeren "Bruder" fuchst. Doch manchmal kann Neid oder Wut ja auch Ehrgeiz und neue Energien freisetzen. Beim Digitalfunk für Polizei und Feuerwehr scheint dies nicht der Fall zu sein. Pünktlich zur Sicherung von Veranstaltungen während der EU-Ratspräsidentschaft hatte das österreichische "Digitalfunknetz für Blaulichtorganisationen" im vergangenen Jahr seinen Dienst aufgenommen. Doch die Deutschen haben mal wieder den technischen Anschluß verloren. Schon bei der Fußball-WM war es peinlich, daß die Polizei des Organisationsweltmeisters Deutschland sozusagen im Funkloch saß. Und auch 2007 wird es nicht besser. Jetzt hat Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft inne, doch bei anstehenden Großveranstalt
ungen müssen die Sicherheitskräfte des Landes auf den abhörsichereren Digitalfunk verzichten. Immerhin seien wir in Europa nicht allein, könnte man sarkastisch sagen. Schließlich sind wir auf dem selben Stand wie Albanien. Die beiden doch sehr unterschiedlichen Länder sind die einzigen in Europa, die ohne flächendeckendes Digitalfunknetz für Einsatz- und Rettungskräfte auskommen müssen.

Andernorts ist man schon lange weiter. Die Niederlande oder Großbritannien beispielsweise haben den Digitalfunkstandard längst eingeführt: In den englischen Westmidlands sind die Rettungskräfte bereits seit Ende der 90er Jahre mit der sogenanten Tetra-Kommunikation ausgerüstet. Wer den Schaden hat, muß für den Spott nicht mehr sorgen. So schrieb die "Welt" von unserer "Steinzeit-Polizei". Die "Gewerkschaft der Polizei" (GdP) spricht gar von einem "Desaster".

Einsatz der Bundeswehr im Innern, Ausspähen der Intimsphäre (Computer, Konten etc.) für einen höheren Zweck, nämlich die Terrorabwehr oder flächendeckende Videoüberwachung der Bürger: Es gibt kaum ein Thema der inneren Sicherheit, das in der Öffentlichkeit nicht schon sehr intensiv diskutierte worden wäre. Beim Ausspähen der Konten der Bürger zum Beispiel kommt kaum noch Protest, allerhöchstens einmal von der FDP, die das Fähnchen des Liberalismus bei solchen Anlässen zu schwenken pflegt. Oft waren sich Bundesregierung, Bundestag und Bundesländer einig - zum Schutze der Bürger und auf Kosten der Freiheit. Doch seit kurzem ist klar, daß sich Bund und Länder nicht auf ein gemeinsames zeitgemäßes Digitalfunknetz einigen können.

Liegt diese Entscheidungsschwäche mal wieder am Föderalismus? Bei der "Deutschen Polizeigewerkschaft" (DpolG) ist der Geduldsfaden gerissen. Nordrhein-Westfalen solle sich an die Spitze der Länder stellen und den Digitalfunk rasch einführen. Flächendeckend in ganz Deutschland sei das ja anscheinend nicht möglich. "Nach der Absage der Innenministerien von Bund und Ländern an die Bahn-Tochter ,DB Telematik als Errichter und Betreiber fühlen sich die Kollegen von der Politik verschaukelt! Ständig werden uns Termine für die Einführung des modernen Funks genannt - zuletzt 2010 - die kurze Zeit später wieder ad acta gelegt werden", sagte der DpolG-Bundesvorsitzende Speck.

"Bei der Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus wollen unsere Politiker den Spitzenplatz in Europa einnehmen. Wenn es jedoch um die konkrete technische Ausstattung der Sicherheitsbehörden geht, geben sich dieselben Politiker mit dem Platz des Schlußlichtes zufrieden. Und das seit Jahren! Das einzige, was die verantwortlichen Entscheidungsträger bisher vorzuweisen haben, ist die Einrichtung einer "Bundesanstalt für den Digitalfunk".

"Im Bürokratieaufbau läßt sich Deutschland einen vorderen Platz nicht streitig machen", so Speck weiter. Es sei traurige Realität bundesdeutscher Sicherheitspolitik, daß die Funkgeräte älter sind als die Polizeibeamten, die sie benutzen. Laut Speck ist die digitale Übertragung von Polizeifunk und Daten nicht nur wichtig für das tägliche Einsatzgeschehen und die Bewältigung von Großlagen. Auch im Kampf gegen terroristische Bedrohungen sei sie unerläßlich, denn die abhörsichere Übertragung von Informationen und Lageplänen sei für die Sicherheitsbehörden zwingend notwendig.

Die Bahn-Tochter "DB-Telematik" hatte angeboten, zum "Spottpreis" von 5,1 Milliarden Euro 3800 Sendestationen zu errichten und das Netz in den folgenden 15 Jahren technisch und personell zu begleiten. 4,7 Milliarden Euro war allerdings das höchste Gebot von Bund und Ländern. Nach der Ablehnung des Angebots heißt es jetzt: Alles auf Anfang. Das Projekt muß wohl neu ausgeschrieben werden. "Eigentlich hätte die abhörsichere, auch in entlegenen Gebieten und unter schwierigen Bedingungen - etwa in Parkhäusern, U-Bahn-Tunneln - funktionsfähige Technik bis spätestens zur Fußball-WM eingeführt werden sollen", klagte die "FAZ". War nicht 2006 das Jahr der Informatik? Dunkle Wolken ziehen auf über dem Hochtechnolo
 
     
     
 
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