|
Klaus Gröbig bevorzugt deutliche Worte, das Reden um den heißen Brei liegt dem energischen Mittvierziger nicht. Wohl auch deshalb wählten ihn die Delegierten des DHV-Landesverbandes Nordost kürzlich zu ihrem neuen Vorsitzenden.
DHV steht für „Deutscher Handels- und Industrieangestellten-Verband“. Was für Außenstehende wie das langweilige Etikett eines durchschnittlichen Interessenverbandes erscheint, ist für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) längst mehr als nur ein Ärgernis. „Eiskalt“, so umschreibt Gröbig das Verhältnis zur selbsternannten „Einheitsgewerkschaft“ - und sieht dabei keineswegs sonderlich bekümmert aus.
Der DHV ist Mitglied des vom DGB gehaßten Konkurrenten CGB, des Christlichen Gewerkschaftsbundes. Zwar führen die „Christlichen“ seit Jahrzehnten ein Schattendasein. Die Medien ignorieren sie ebenso gründlich wie die CDU, die mit ihren „Sozialausschüssen“, auch CDA, immer noch darauf setzt, dem linkslastigen DGB irgendwann eine überparteiliche Form der Arbeitnehmervertretung abzubetteln, wie es das Prinzip der „Einheitsgewerkschaft“ eigentlich geböte. Doch die immerhin rund 300.000 CGB-Mitglieder deutschlandweit haben diese Hoffnung aufgegeben und die Konsequenzen gezogen aus der in ihrer Sicht zu sehr ideologisch links fixierten Haltung des DGB.
Gröbig spart nicht mit Kritik an den Konkurrenten: „Die vertreten viel zu sehr Partikularinteressen, statt sich um den normalen, drogenresistenten Arbeitnehmer zu kümmern. Da herrscht der gleiche Randgruppenfetischismus, wie er die gesamte deutsche Linke zu prägen scheint“, so der Vater von drei Kindern zum . Einen breiten Raum nähmen bei den DGB-Gewerkschaften zudem „Funktionärshuberei und Postenschacher“ ein.
Bislang hat der DHV-Verband Nordost, der die Länder Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern umfaßt, erst gut 1.000 Mitglieder sammeln können - von 80.000 DHVlern bundesweit. Doch bei ihnen stimme wenigstens der Trend, die Mitgliederzahlen stiegen, betont Klaus Gröbig. Die „Dinosaurierfusion“ Ver.di hingegen habe bundesweit schon 300.000 Mitglieder (über zehn Prozent) verloren, seit die Vereinigung zur neuen Mammutgewerkschaft 1996 vereinbart worden sei.
Einzelerfolge ermutigen die christlichen Gewerkschafter im Konkurrenzkampf mit dem übermächtig scheinenden Gegner. So konnte der DHV, wie Gröbig befriedigt feststellt, bei den jüngsten Personalratswahlen der Berliner BfA 20 Prozent der Mandate erringen. Der DGB habe das als „persönliche Kränkung“ empfunden, so der Eindruck des DHV-Landeschefs. Die inhaltlichen Divergenzen zum DGB hält Gröbig für gravierend. Nicht bloß die dem roten Riesen angekreidete Minderheitenfixierung, auch dessen Unfähigkeit, auf die Anforderungen der Zukunft eine gewerkschaftliche Antwort zu finden, stört den DHV-Vorsitzenden.
Der DGB setze auf Nivellierung, Vereinheitlichung und einen Machtanspruch, den er nicht bloß gegenüber Arbeitgebern und Politik, sondern auch gegenüber seinen eigentlichen Schützlingen, den Arbeitnehmern, mit allem Nachdruck durchzusetzen versuche. Dem setze der DHV als CGB-Gewerkschaft ein Modell entgegen, das den „kleinen Mann“ wieder in den Mittelpunkt rücke - aber nicht als Kolonnenwesen einer vergangenen Industrie-Ära, sondern als Individuum mit sehr unterschiedlichen Zielen und Vorstellungen. Der Zulauf des DHV erkläre sich ganz einfach damit, daß man „näher dran“ sei an Struktur und Praxis der sehr unterschiedlich gewordenen Arbeitsplätze.
Anders könne erfolgreiche Gewerkschaftsarbeit heute nicht mehr funktionieren, weshalb dem DGB die Mitglieder scharenweise wegliefen. 1990 habe dieser allein in der Alt-Bundesrepublik über 7,9 Millionen Mitglieder verfügt. Dann sei der gesamte FDGB der DDR übernommen worden, und dennoch sei die Zahl bislang auf 1999 nur noch 7,7 Millionen geschrumpft. Tendenz: weiter rasant fallend.
Dabei sei sinnvolle Gewerkschaftsarbeit dringender denn je. „In einer Zeit, in der Kapitalsammelstellen 20 Prozent Machergesellschaft gegen die 80 Prozent Ausgegrenzten organisieren, in der mehr noch als der Staat Verbände, Parteien und Vereinigungen die Entmündigung von immer mehr Menschen betreiben und sie unter die Diktatur von Political Correctness und Gruppeninteressen stellen“, müsse engagiert gegengehalten werden. „Sonst“, so Klaus Gröbig, „erstirbt die Freiheit.“
|
|