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Das staunende Publikum, sprich: das steuerpflichtige Wählervolk, fühlte sich an "Tausendundeine Nacht" erinnert - und durfte am Ende noch froh sein, daß die märchenhafte Veranstaltung nicht tausend Nächte, sondern nur zwei Tage gedauert hatte. Doch auch so waren die Übernachtungs-, Reise- und sonstigen Kosten des Kanada-Trips noch entschieden zu hoch. Denn was der Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages als Ausbeute von Toronto mitbrachte, war nicht einmal das Papier wert, auf das die Flugtickets gedruckt waren.

Die rot-rot-grün
e Ausschußmehrheit hatte - vermutlich wider besseres Wissen - die Kanada-Reise durchgesetzt, um dort den Waffenhändler und Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber zu vernehmen. Schreiber, der seit seiner Flucht über den Atlantik deutsche Politiker und Ermittlungsbehörden, öffentliche und veröffentlichte Meinung mit immer neuen Phantasieprodukten in Atem hält, hatte wieder einmal angekündigt, nun endlich werde er "auspacken".

Vor allem die CSU und den Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber sollte es - so Schreiber - nun erwischen. Allein schon diese verlockende Aussicht hätte die Ausschußmehrheit vermutlich auch an den Südpol oder ins Zentrum der Wüste Gobi gelockt: Der Mann wird dem in Berlin regierenden Strahlemann Schröder gefährlich, ist mit politischen Argumenten nicht wirkungsvoll zu bekämpfen, schließt auch in Sachen Selbstdarstellung mehr und mehr zum sozialdemokratischen Ober-Staatsschauspieler auf, also muß ein Skandal her. Am besten ein Spendenskandal!

Und da hatte Schreiber Sensationelles versprochen: Schmiergelder in Millionenhöhe habe er in illegale Kassen der bayerischen Christsozialen fließen lassen, und daß ein leibhaftiger Parteivorsitzender und Ministerpräsident von alledem nicht gewußt hätte, könne man sich nun wirklich nicht vorstellen.

Die Euphorie jener Ausschußmitglieder, die sich der derzeitigen Bundesregierung verpflichtet fühlen, legte sich rasch, als sie auf die kleinen "Schönheitsfehler" in Schreibers Erzählungen stießen: Der Kronzeuge konnte keinen einzigen Beleg oder Beweis auf den Tisch des deutschen Generalkonsulats legen, und die Zeugen, die er benannte, sind - welch unglücklicher Zufall! - leider alle verstorben.

Ausschuß-Vorsitzer Volker Neumann (SPD) trat die Rückreise denn auch mit höchst mißmutiger Miene an. Immerhin fand er in Toronto zu richtungweisenden Erkenntnissen: Der Untersuchungsausschuß sei "in Wahlkampfzeiten kein geeignetes Instrument zur Wahrheitsfindung". Wer nun aus dieser durchaus zutreffenden Feststellung den Schluß zog, die rot-grüne Mehrheit werde nach dem teuren Kanada-Flop auf weitere spektakuläre Aktivitäten verzichten, sah sich bald getäuscht. Kaum zurück in Berlin, wurde Neumann von den eigenen Genossen zurückgepfiffen und muß nun doch zu weiteren Vernehmungen schreiten - Kandidat Stoiber soll aussagen.

Wie von SPD-Neumann richtig bemerkt, ist diese Vernehmung "kein geeignetes Instrument zur Wahrheitsfindung". Offenbar reicht es, daß die Vorladung des CSU-Vorsitzenden überhaupt als Instrument geeignet ist - nämlich als Instrument der Verdächtigung und Vorverurteilung, der Diskriminierung und Verunglimpfung. Die Richtung hatte SPD-Ausschußmitglied Ströbele, noch aus RAF-Zeiten für sein ganz besonderes Rechtsverständnis bekannt, vorgegeben: Die Ausbeute der Toronto-Reise kommentierte er sinngemäß so: Das Ganze habe zwar eigentlich nichts gebracht, aber ein bißchen werde schon hängenbleiben! Zumindest scheinen die Genossen zu hoffen, so von ihren diversen eigenen Finanzskandalen ablenken zu können.

Im übrigen paßt diese mißratene Kanada-Reise in ein seit langem bekanntes Schema: Kurz vor Wahlen fällt die Volksvertreter, insbesondere jene, die nicht unbedingt mit Wiederwahl rechnen können, eine unbändige Reiselust an. Schnell muß man noch das öffentliche Nahverkehrssystem in Kuala Lumpur, die Stellung alleinerziehender Mütter im Amazonas-Quellgebiet oder die Bündnispolitik des Königreichs Tonga studieren - solange der Steuerzahler noch dafür aufkommt .
 
     
     
 
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