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Neuerdings ist in Deutschland viel - und leider viel zu spät - vom demographischen Faktor die Rede. Das Phänomen ist ja nicht neu; weitsichtige Mahner (stellvertretend sei hier die Jugendtherapeutin Christa Meves genannt) haben schon vor Jahrzehnten darauf hingewiesen, daß die Deutschen angesichts der dramatisch sinkenden Geburtenrate vom Aussterben bedroht sind.

Endlich ist das leidige Thema auch bei der politischen Klasse angekommen. Allerdings nicht etwa, weil nun ein Ruck durch alle Parteien gegangen wäre: zurück zu den alten Werten, zur Familie als der sich selbst reproduzierenden und so den Bestand wahrenden Kernzelle der Gesellschaft. Nein, es ist nicht die Rückbesinnung auf christliche Werte oder preußische Tugenden
, es sind die leeren Kassen, denen unsere Politiker ihre jüngsten Einsichten zu verdanken haben. Unser Sozialsystem steht vor dem Kollaps, also muß etwas geschehen.

Die erste Glanztat: Das Wort "demographisch" wurde durch "nachhaltig" ersetzt, was immer man uns damit sagen will. Vermutlich sollte so der fortschrittlich-alternative Schein gewahrt bleiben, um jüngere Wählerschichten bei Laune zu halten.

Die von der rot-grünen Rentenklausur ausgebrüteten Maßnahmen gehen denn auch völlig einseitig zu Lasten der Rentner. Sie müssen, vermutlich für mehrere Jahre, auf jeglichen Einkommenszuwachs verzichten. Was da als "Nullrunden" schöngelogen wird, sind in Wahrheit Minusrunden - wegen steigender Abgaben, z. B. zur Pflegeversicherung, und wegen der anhaltenden Geldentwertung. So wird der Euro für die 19 Millionen Rentner Deutschlands auf jeden Fall zum Teuro. Und sie können sich noch nicht einmal richtig dagegen wehren; unsere Politiker sind viel zu abgebrüht, um sich von Senioren-Demos mit eher betulichen Parolen beeindrucken zu lassen.

Aber halt! Wie war das doch gleich mit diesem demographischen Faktor? Heißt das nicht: immer weniger Junge, immer mehr Alte? Diese Mathematik gilt doch nicht nur für Beitragszahler und Leistungsempfänger, sie gilt auch für Wahlberechtigte. Die trockenen Statistiken des Bundeswahlleiters verhelfen da zu hoffnungsvollen Erkenntnissen:

Im September 2002 waren 61,4 Millionen Deutsche wahlberechtigt, davon 19,7 Millionen über 60 und 9,7 Millionen sogar über 70 Jahre alt. Diese Altersgruppe macht also fast ein Drittel aus. Bei den tatsächlich abgegebenen Stimmen ist der Anteil sogar noch höher; bei der Wahlbeteiligung nämlich liegen die Senioren, insbesondere die 60- bis 70jährigen, deutlich über dem statistischen Mittelwert (86,4 zu 79,6 Prozent). Und diese Zahlen werden sich weiter dramatisch zugunsten der Wähler im Rentenalter verändern, siehe demographischer Faktor!

Wer also künftig in Deutschland Wahlen gewinnen will, sollte sich genau überlegen, ob er auch weiterhin die Reformlasten vorzugsweise bei jenen ablädt, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, die dieses Land wiederaufgebaut haben und für die "Spaßgesellschaft" und "kollektiver Freizeitpark" noch Fremdbegriffe waren. Denn das ist der einzige Segen dieses demographischen Fluches: Immer mehr Alte werden immer weniger wehrlos sein.
 
     
     
 
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