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Neben den beiden Universitäten in München und der in Karlsruhe dürfen sich ab Herbst 2007 voraussichtlich weitere Hohe Schulen "Eliteuniversität" nennen. In einer Vorauswahl sind acht ausersehen, die eine Chance haben. Das sind Freiburg, Heidelberg und Konstanz aus Baden-Württemberg; Aachen und Bochum aus Nordrhein-Westfalen; die Freie und die Humboldt-Universität aus Berlin sowie Göttingen in Niedersachsen. Da nach den getroffenen Vereinbarungen "bis zu zehn" den begehrten Titel bekommen können, ist (theoretisch) denkbar, daß von den acht nur eine ausgesondert wird. Das erscheint nach den bisherigen Eindrücken von der Auswahl und dem Verfahren eher unwahrscheinlich. Bei allem Risiko einer Vorhersage: Es gibt Gründe anzunehmen, daß nur weitere fünf den begehrten Status zugesprochen erhalten. Aachen und Heidelberg wirken fast "gesetzt", ebenso haben wohl beide Berliner Universität en gute Chancen. Ein Weiterkommen von Bochum oder Konstanz würde eher überraschen. Nicht unwahrscheinlich ist, daß es zwischen Freiburg und Göttingen zum "Stechen" kommt. Die Entscheidung fällt am 19. Oktober dieses Jahres.
Der Jubel bei den einen wird groß sein, die Ernüchterung oder Enttäuschung bei anderen ebenso, wie das auch jetzt schon bei denen ist, die auf der Strecke geblieben sind.
Für das deutsche Universitätssystem wird sich die Differenzierung als folgenschwer, wenn nicht fatal erweisen. Ebenso wie es richtig ist, daß wir in Deutschland Hochschulen brauchen, die Anschluß an die Weltspitze halten oder gewinnen, ist es auch zutreffend, daß keine in allen Disziplinen erstklassig ist. Vielmehr gibt es einen bunten Strauß exzellenter Fächer an den verschiedensten Orten. Das ist unter anderem eine Frucht des Föderalismus. Diese Vielfalt droht zu verdorren. Schon jetzt spazieren die in der ersten Runde Auserwählten zum Teil mit Stolz geschwellter Brust durch die Bildungslandschaft. Dabei ist ihnen bisher nur bescheinigt worden, daß sie "die zeitgeistschlüpfrigsten Bewerbungsanträge zu formulieren vermochten", wie Hubert Markl, früherer Präsident der "Deutschen Forschungsgemeinschaft" und der "Max-Planck-Gesellschaft", es sachverständig und treffend formuliert hat.
Wenn jetzt der schlüssigen Darlegung von Anträgen durchaus nennenswerte Finanzierungen folgen, vor allem, wenn bereits von Spitzen- beziehungsweise Eliteuniversitäten die Rede ist, wird dies zu einem Trend zugunsten dieser Einrichtungen führen. Fachvertreter, die an anderer Stelle dazu beigetragen haben, daß dort "Leuchttürme" entstanden sind, werden Angeboten von Universitäten aus der ersten Liga aufgeschlossen gegenüberstehen. Das kann zu einem Ausbluten anderenorts führen. Man kann das wollen, indem eine Konzentration von Spitzenkräften an wenigen Plätzen betrieben wird. Ob dies im Sinne der gerade in letzter Zeit immer wieder bemühten föderalen Struktur der Bundesrepublik liegt, steht dahin. Das es kaum den Interessen der Ministerpräsidenten der Länder entspricht, steht hingegen fest. Immerhin werden bestenfalls fünf Bundesländer Universitäten der ersten Garnitur in ihren Grenzen haben (Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Niedersachsen). Elf Länder werden ohne Flagschiff dastehen. So bekannte (und auch leistungsfähige) Universitäten wie Münster, Bonn, Köln, Tübingen, Marburg finden sich in der zweiten Liga wieder, von Würzburg, Erlangen, Mainz und anderen gar nicht zu reden. Der Norden, wenn man von Göttingen absieht, geht leer aus; die neuen Länder ebenfalls, es sei denn, man bucht die Humboldt-Universität entsprechend.
Dem deutschen Universitätswesen und seiner Geschichte hätte es besser entsprochen, die Spitzenstellung von Fächern zu honorieren. Auch das hätte ergeben, daß an manchen Orten mehr, an anderen weniger Exzellenz vorhanden und vielleicht auch einmal irgendwo gar kein "Leuchtturm" sichtbar ist. Die mit einer größeren Zahl herausragender Disziplinen hätten die Nase vorn und würden auch entsprechend angesehen. Auf jeden Fall gäbe es keine so scharfe Zäsur, wie sie jetzt zwangsläufig eintreten wird. An Plätzen mit weniger Spitzenergebnissen würden gute Leistungen nicht darunter leiden, daß ihre Institution mit dem Makel der Zweitklassigkeit behaftet ist.
Die Ankündigung, daß man in Deutschland Spitzenuniversitäten auswählen und ihre Leistungen honorieren wolle, hat zu einer bemerkenswerten Aktivität innerhalb der Universitäten geführt. Hier sind in der Tat beachtliche Kräfte mobilisiert worden. Der Gedanke des Wettbewerbs hat einen positiven Schub erfahren. Deshalb sind auch die beiden ersten Förderstufen, die Einrichtung von Graduiertenschulen und die Etablierung von Forschungsclustern zu begrüßen. Hätte man es dabei belassen, wären alle positiven Wirkungen des Aufbruchs eingetreten. Mit der zusätzlichen Bevorzugung von "bis zu zehn" Universitäten als Spitzen- beziehungsweise Eliteeinrichtungen im Wesentlichen aufgrund von Zukunftskonzepten, deren Umsetzung noch aussteht, wird an anderen Orten Enttäuschung und Resignation erzeugt. Dieses Verfahren ist zu Recht kritisiert worden. Die Dinge sind jetzt wohl nicht mehr aufzuhalten. Ob der Nutzen für die deutschen Universitäten größer sein wird als der Schaden, bleibt abzuwarten. Der Verzicht auf die dritte Stufe wäre sachgerechter gewesen und mit weniger Risiko verbunden.
Foto: Mit unter den Auserwählten für den Elitestatus: Di |
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