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Im Haus des Deutschen Ostens (HDO) in München läuft seit dem 12. Februar eine Ausstellung mit dem Titel "Die unbekannten Europäer".
Die sehenswerte Fotoschau mit Bildern und Texten der Österreicher Kurt Kaindl bzw. Karl-Markus Gauß entführt die Besucher noch bis zum 2. April in die mitteleuropäische Heimat der Sorben und Gottscheer sowie nach Südeuropa und auf den Balkan. Dort kann man sich auf eine Zeitreise zu den mythenumrankten Völkern der albanischstämmigen Arbereshe von Kalabrien, der Aromunen in Mazedonien (zu diesen Zusammenfassung 4/04, S. 6) sowie der im späten Mittelalter aus Spanien vertriebenen Sepharden von Sarajewo begeben.
Zu den westslawischen Sorben in der zwischen den Bundesländern Brandenburg und Sachsen geteilten Lausitz erfährt man, daß die im katholisch en Südteil vorherrschende obersorbische Sprache stärker dem Tschechischen verwandt ist, während das Niedersorbische im protestantisch geprägten Norden mehr dem Polnischen ähnelt.
In bezug auf die gegenwärtige Lage schreibt Gauß: "Zu Zeiten der DDR wurden die Sorben erstmals in ihrer Geschichte als nationale Minderheit anerkannt und zu mancherlei folkloristischen Lebensäußerungen ermuntert.
Zugleich hat die gewaltsame Industrialisierung, wie sie in der DDR betrieben wurde, die Sorben um rund fünfzig ihrer Dörfer gebracht, die den Braunkohlekombinaten weichen mußten. Aus ihren Dörfern verbannt, wurden die sorbischen Bauern rasch zu deutschen Arbeitern.
Aber noch zählen sich rund 60 000 Lausitzer zur sorbischen Nationalität; seit der Wende haben sie Anspruch auf eigene Schulen und mancherlei Förderung, doch scheint es, daß gerade jetzt, da der Druck von außen geringer wird, die Volksgruppe im Innern zerfällt. Den Sorben kommt die eigene Jugend abhanden, die sich an neuen, medial vermittelten Werten orientiert (...)."
Solche knappen, aber in ihrer analytischen Schärfe dennoch tiefgehenden Texte ergänzen die ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Fotos Kaindls. Letztere sind nicht selten von einer melancholischen Stimmung erfüllt, die den drohenden kulturellen Untergang zumindest der Mehrheit dieser "unbekannten Europäer" verdeutlicht. (MS)
Kontakt: HDO, Am Lilienberg 5, 81669 München, Tel.: 089-449993-0 |
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