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Mehr als 500 Kant-Forscher aus aller Welt werden sich vom 26. bis 31. März in Berlin zum IX. Internationalen Kant-Kongreß versammeln und ihre Erfahrungen austauschen. Im Rahmen dieses Kongresses wird die Staatsbibliothek in Zusammenarbeit mit dem Institut für Philosophie der Humboldt-Universität Berlin eine bemerkenswerte Ausstellung präsentieren. Im Haus 2 der Staatsbibliothek an der Potsdamer Straße wird vom 30. März bis 13. Mai die Ausstellung "Kant und die Berliner Aufklärung" zu sehen sein (Katalog).
Obwohl Immanuel Kant seine Heimat Ostdeutschland und Königsberg bekanntermaßen nie verlassen hat, wirkte seine Philosophie doch weit über die Grenzen hinaus, nicht zuletzt auch durch seine Schüler wie etwa Markus Herz und Gottfried Carl Christian Kiesewetter. Diese waren nach Berlin gegangen und hatten einen regen Austausch mit ihrem Lehrer aufrechterhalten. Auch stand der Königsberger in häufigem Kontakt mit philosophischen Gesprächspartnern und Herausgebern von Zeitschriften, in denen er seine Aufsätze veröffentlichte. Auf diese Weise entstanden wechselseitige Kontakte, die Kant auch mit der Berliner Aufklärung in Verbindung brachten.
Aufgezeigt werden in der Berliner Ausstellung auch die Beziehung zwischen Kant und der jüdischen Aufklärung sowie die Kantische Stellungnahme zur religiösen Toleranz, so Dina Emundts, Mitarbeiterin am Institut für Philosophie an der Humboldt-Universität. Weiter werden die Reaktionen auf die Französische Revolution in Königsberg und Berlin, der Zensurstreit in Zusammenhang von Kants Schrift "Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft" und der Einfluß der Kritischen Philosophie auf die preußischen Reformer 1795 und 1818 beleuchtet. Auf besonderes Interesse aber dürfte eine Schrift im ersten Teil der Ausstellung stoßen, die sich mit dem Leben und der Entwicklung Kants und seiner Philosophie beschäftigt: das sogenannte "Opus postumum", das erst kürzlich aus Hamburger Privatbesitz für 1,5 Millionen Mark erworben werden konnte. Das unvollendete Manuskript ist eines der bedeutendsten Werke des Weisen aus Königsberg. Es besteht aus 13 Bündeln mit insgesamt 290 Blättern, die zu Lebzeiten des Philosophen ungedruckt blieben. Das Manuskript zeigt Kants Überlegungen einer geistigen Verbindung der Philosophie mit den empirischen Naturwissenschaften. 1884 hatte es der damalige Hauptpastor von der Hamburger Kirche St. Katharinen, Caesar Ernst Albrecht Krause, von einem Urgroßneffen Kants erworben und verfügt, daß es nur mit Genehmigung der volljährigen Erben verkauft werden dürfe. Der letzte Besitzer hatte sich nur schweren Herzens von dem Schatz trennen können, sah aber die dringende Notwendigkeit sachkundiger Pflege dieses 200 Jahre alten Manuskripts als gegeben. Dabei hatte diese Kostbarkeit alle nur erdenklichen Wirren überstanden, selbst einen schweren Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg. Während die Bankfiliale damals ausbrannte, schützte ein Safe die kostbare Schrift, so daß sich das Papier nur am Rand ein wenig verfärbte.
Um das empfindliche Papier zu schonen, Forschern dennoch die Möglichkeit eingehender Studien zu ermöglichen, plant die Staatsbibliothek im Sommer eine Mikroficheausgabe herauszubringen, um so die weltweite Arbeit an der faksimilierten Version des Autographs zu gewährleisten. Eine Aufgabe, die die Fachwelt in den nächsten Jahren ganz gewiß beschäftigen wird.
Peter van Lohuizen
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