|
Als am Jahrestag der Terrorangriffe gegen Dresden auch in München auf dem Marienplatz der Toten gedacht wurde, zog am Rande der Veranstaltung eine Gruppe der "Autonomen Antifa" auf, eine Organisation, die es sich seit geraumer Zeit zur Aufgabe gemacht hat, das Andenken an deutsche Opfer des Zweiten Weltkrieges zu verhindern und die Toten zu verunglimpfen. Sie trug ein vier Meter breites und zwei Meter hohes Transparent mit sich, das die Aufschrift trug: "Bomber Harris do it again." Nicht wenige Bürger, die diesen Aufmarsch verfolgten oder davon durch die Berichterstattung in den Medien erfuhren, empfanden den öffentlichen Auftritt nicht nur als widerwärtig, sondern erblickten darin auch die Billigung einer Straftat, nämlich eines Kriegsverbrechens gegen Deutsche, sowie Volksverhetzung, weil zum Haß gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt wurde, gegen die Dresdner nämlich, die offenbar nach Meinung der "Antifaschisten" den Tod verdient hatten.
Ein pensionierter früherer Bundeswehroffizier stellte daher bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht München Strafanzeige gegen die "Autonome Antifa". Er ging davon aus, daß auch in der Bundesrepublik Deutschland vor dem Gesetz alle gleich seien. Er wurde jedoch eines Besseren belehrt. Die Staatsanwaltschaft München I teilte dem Anzeigeerstatter mit, daß sie das Ermittlungsverfahren gegen die "Autonome Antifa" (und sie nannte alle Namen jener Linksradikalen, die die Aktion am 13. Februar leiteten) eingestellt habe. Zwar sieht sie das Auftreten der "Autonomen Antifa" mit dem diskriminierenden Spruchband genauso wie alle anderen, die davon Kenntnis erhielten, doch deutet sie die entsprechenden Paragraphen des Strafgesetzbuches ganz anders als der gesunde Menschenverstand.
Von einer öffentlichen Aufforderung zu Straftaten (Paragraph 111 StGB) könne man nicht reden, da die Aufforderung zu einem erneuten Bombenangriff ja "nicht ernst gemeint gewesen" sei. Begründung: Der ehemalige Befehlshaber des britischen Bomberkommandos, Sir Arthur Harris, sei "persönlich zu einer Wiederholung eines solchen Bombenangriffs ganz offensichtlich nicht in der Lage" (zumal er bereits gestorben ist). Zudem sei die Aufforderung, daß Dresden noch einmal bombardiert werden soll, "ohne die ausreichende Konkretisierung". Dabei beruft sich die Staatsanwaltschaft München I auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes, der die damals von der linken Terroristengruppe "Rote Armee Fraktion" erhobene Forderung "Die rote Armee aufbauen! Heute noch! Die beste Propaganda für den bewaffneten Kampf ist der bewaffnete Kampf selbst ..." auch nicht als strafbar angesehen habe, weil die Aufforderung "nicht konkret genug" gewesen sei. Auch von Volksverhetzung (strafbar nach Paragraph 130 StGB) könne nicht die Rede sein, denn die Menschenwürde sei hier nicht ausreichend genug angegriffen worden. "Maßgeblich für diese Beurteilung ist die Tatsache, daß die Äußerung nicht unmittelbar und ausdrücklich auf die Bewohner der Stadt Dresden zielt und insoweit auch keinerlei ausdrückliche Wert-urteile enthält." Daß das Transparent auf einer Gedenkfeier an die getöteten Dresdner gezeigt wurde, reicht offenbar nicht aus, um konkret verstanden zu werden, daß hier die Stadt Dresden und die Dresdner gemeint waren.
Dann vergaloppiert sich die Staatsanwaltschaft München I gründlich, als sich der als Gruppenleiter unterschreibende Staatsanwalt zu einer historischen Deutung der Luftangriffe auf Dresden verführen läßt. Er, der als Jurist gefragt ist, und nicht als Historiker, hält es für möglich, daß der deutsche Luftangriff auf das britische Rüstungszentrum Coventry im Jahre 1940 "vermutlich den auslösenden Grund für die Bombardierung darstellte". Diese originelle wie abwegige Erklärung hat bisher noch kein Historiker geboten, mag er noch so linksextrem eingestellt gewesen sein. Zwar kann man die historische Ahnungslosigkeit einem Juristen nicht verübeln, doch fragt man sich, warum er solchen Unfug verbreitet, der durch keinerlei Dokumente gedeckt ist. Aber immerhin hat er so seine Gesinnung offenbart. Auch sei, so die Staatsanwaltschaft, in der Aufforderung, Bomber Harris solle "noch einmal" solche Angriffe durchführen, nicht die Anleitung zu Straftaten zu erblicken (Paragraph 130a StGB), da die Äußerung keine Anleitung zur Tatvorbereitung oder Tatausführung enthält. Auch der Paragraph 131, der Gewaltdarstellung unter Strafe stellt, greift hier nicht, denn "Bomber Harris do ist again" enthält "keinerlei Schilderung, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung von grausamen oder sonst unmenschlichen Gewalttätigkeiten gegen Menschen zum Gegenstand hätte".
Der Paragraph 140 StGB droht Strafen an, wenn Straftaten gebilligt werden. Aber auch das erkennt der Staatsanwalt im Auftreten der "Antifa" nicht. Er gibt zwar zu: "Aus der verfahrensgegenständlichen Äußerung ist der objektive Erklärungsgehalt zu entnehmen, daß der Bombenangriff auf Dresden im Jahr 1945 gebilligt wird. Dieser Angriff war ein Kriegsverbrechen im Sinne des Paragraphen 126 Abs. 1 Ziffer 2 StGB ... Diese Tat ist jedoch nicht taugliches Tatobjekt des Paragraphen 140, weil es sich um einen Vorfall von geschichtlichem Interesse handelt."
Und es wird auch nicht durch die Antifaschisten das Andenken Verstorbener verunglimpft (strafbar nach Paragraph 189 StGB), da ja auf dem Transparent "die Opfer des Bombenangriffs auf Dresden nicht unmittelbar genannt werden". Die Äußerungen der Linksextremen seien vielmehr als politische Meinungsäußerung im Gewand einer provokativen Aufforderung anläßlich einer Versammlung politisch Andersdenkender zu werten. Die Staatsanwaltschaft meint zudem, es "fehlen vorliegend jegliche Anhaltspunkte dafür, daß die Beschuldigten mit ihren Äußerungen überhaupt die Opfer des Bombenangriffs im Sinne hatten".
Liest man die umfangreiche Begründung, mit der das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde, dann drängt sich der Verdacht auf, daß alle Winkelzüge versucht wurden, um nur nicht gegen die linksextreme "autonome Antifa" ermitteln zu müssen.
Der nachdenkliche Zeitgenosse fragt sich angesichts dieser Begründung: Was wohl wäre geschehen, - und das zu Recht -, wenn bei ei-ner Trauerfeier für die in Auschwitz ermordeten Juden eine protestierende Gruppe aufgetreten wäre, die ein Transparent hochgehalten hätte mit der Aufschrift: "Adolf Eichmann do it again"? Die Frage stellen heißt sie beantworten.
Es ist wohl nichts mit dem Grundsatz, daß vor dem Gesetz alle gleich seien. U. Meixner
|
|