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BRD-Marine: Meuterer sollen glorifiziert werden

 
     
 
Seit einigen Monaten wächst der Druck kleiner, aber einflußreicher deutscher Kreise, man möge in der im dänischen Nordschleswig gelegenen Stadt Sonderburg ein Denkmal zur Erinnerung an elf in den letzten Kriegstagen nach einem Standgerichtsurteil wegen militärischen Aufruhrs erschossene deutsche Marinesoldaten errichten. Damit sollen die Meuterer, von denen sieben auf dem Sonderburger Ostfriedhof
inmitten von über 200 toten deutschen Flüchtlingen begraben sind, hervorgehoben werden, da sie nach Meinung der Wortführer zu Unrecht verurteilt worden seien, ja, daß sie sogar ein "Recht auf Widerstand" gehabt hätten und demzufolge als "Widerstandskämpfer gegen den Faschismus" gelten müßten.

Dabei beruft man sich auf ein kürzlich vom Bonner Bundestag verabschiedetes "Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile", mit dem auch die Urteile gegen diese elf Meuterer aufgehoben worden sind. Mit der geplanten Heroisierung der Meuterer schließ man sich der Deutung durch die ehemalige DDR an, die in den sechziger Jahren in groß aufgemachten Veröffentlichungen und einem mehrteiligen Fernsehfilm die "roten Matrosen" glorifiziert hatte, die angeblich eine rote Fahne auf ihrem gekaperten Schiff gesetzt hatten.

Was steckt hinter der Geschichte? Seitdem die Rote Armee im Januar 1945 deutschen Boden erreicht hatte, flüchteten Millionen Ostdeutscher nach Westen, um sich vor dem Greuel der Sowjetsoldaten zu retten. Nachdem weite Teile vor allem Ostdeutschlands, Westpreußens und Hinterpommerns vom Hinterland abgeschnitten waren, strömten die Flüchtlinge in die Hafenstädte, wo die Schiffe der deutschen Kriegs- und Handelsmarine in Tag- und Nachtfahrten fliehende Zivilisten, vor allem Frauen und Kinder, sowie verwundete Soldaten über die Ostsee nach Westen brachten.

So konnten von Januar bis Mai 1945 fast zwei Millionen gerettet werden, eine Leistung, die von allen fair Denkenden auch heute noch gewürdigt wird. Dies nicht nur als Glanzstück des Seetransportes, sondern als eine wirklich humanitäre Heldentat. Zigtausende von Seeleuten taten mehr als ihre Pflicht und setzten immer wieder ihr Leben ein.

Es gab aber auch Ausnahmen unter Marineangehörigen. Mehrere Besatzungsmitglieder des gerade neu in Dienst gestellten Minensuchbootes M 612, das den Befehl bekommen hatte, sich an der Evakuierungsaktion für  die eingeschlossenen deutschen Truppen in Kurland zu beteiligen, inszenierten eine Meuterei, weil sie keine Lust hatten, ihr Leben zu riskieren. Nachdem M 612 im dänischen Hafen Fredericia Dieselöl gebunkert hatte, sollte es am 5. Mai in Richtung Osten in See stechen. In der Nacht verabredeten einige Besatzungsmitglieder, den Kommandanten und die Offiziere festzusetzen, um den Kurlandeinsatz zur Rettung von Kameraden zu verhindern. Sie drangen mit Waffengewalt in die Kabine des Kapitäns ein und setzten ihn sowie die anderen schlafenden Offiziere fest. Sodann übernahm ein 23jähriger Matrose das Kommando, und das Schiff verließ den Hafen von Fredericia, um "nach Hause" – damit war Kiel gemeint – zu fahren.

Auf der Fahrt dorthin wurden sie von zwei deutschen Schnellbooten eingeholt. M 612 erregte Verdacht, weil auf der Brücke kein Offizier, sondern bewaffnete Marinesoldaten standen. Als das Meuterer-Schiff Sonderburg passieren wollte, hatten sich Schnellboote in die Fahrrinne gelegt, um M 612 an der Durchfahrt zu hindern. Ein Offizierskommando enterte das Schiff. Die Mannschaft ließ sich ohne Gegenwehr entwaffnen, der festgesetzte Kommandant und die Offiziere wurden befreit. Zwanzig Rädelsführer wurden festgestellt und eingesperrt.

Ein ordnungsgemäß zusammengesetztes Standgericht verurteilte noch am selben Tag elf der Angeklagten wegen "militärischen Aufruhrs" zum Tode, vier zu Zuchthausstrafen. Fünf Angeklagte wurden freigesprochen. Das Urteil wurde sogleich vollstreckt.

Zur selben Zeit waren Hunderte von Schiffen der Kriegs- und Handelsmarine unermüdlich damit beschäftigt, deutsche Zivilisten und Soldaten dem Zugriff der Roten Armee zu entziehen. Noch am 8. Mai bis eine Stunde vor Inkrafttreten der Kapitulation verließen Geleitzüge Hela und Libau mit Tausenden von Frauen, Kindern und Verwundeten an Bord. Diese Marinesoldaten kann man heute ungestraft als "Mörder" verleumden. Meuterern aber soll ein Denkmal gesetzt werden.

 

 
     
     
 
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