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Bischof mit Janusgesicht

 
     
 
Am 9. Juni fand im Rigaer Domhof die Einweihung des erneuerten Standbildes des Stadtgründers Bischof Albert aus Bremen statt. Das alte Standbild ist während des Ersten Weltkrieges untergegangen; die Mittel zur Erneuerung wurden von der Deutsch-Baltischen Freundeskreis im Bundesgebiet durch eine Sammlung unter Balten in aller Welt aufgebracht.

Für die Deutschbalten, die in Folge des Hitler-Stalin-Paktes 1939 ihre Heimat verlassen mußten, war dieses Ereignis ein bedeutsamer Beweis ihrer Verbundenheit zur alten Heimat. Wichtig war dieser Akt aber auch für die Letten, weil er den Abschluß einer langjährigen öffentlichen Diskussion darstellte.

Die Person des aus dem Hause Buxhoeveden stammenden Alberts – Kirchenfürst und Politiker zugleich – hatte in dieser Debatte lediglich symbolische Bedeutung, denn es ging um die Bewertung der deutschen Eroberung Livlands im 13. Jahrhundert einschließlich der durch Feuer und Schwert erfolgten Christianisierung der Liven und Letten.

Ein extremes Beispiel der negativen Einschätzung Alberts stellt ein Artikel des lettischen Schriftstellers Andris Kolbergs dar, der im Oktober 2000 in der Zeitung "Diena" erschien. Darin heißt es: "In der Tat war ja Albert ein barbarischer General des barbarischen Schwertbrüderordens. (...) Die eine nicht-aggressive (heidnische) Religion wurde durch eine andere, aggressive (christliche) Religion vernichtet. (...) Und nach den heutigen Gesetzen müßte Albert für Geiselnahme, Raub und Hinmorden unserer Vorfahren vor Gericht gestellt werden."

Zum Abschluß seiner Philippika behauptet Andris Kolbergs: "Aber das alles wird bei der Einweihung des neuen Standbildes verschwiegen werden."

In dieser Frage hat sich der Schriftsteller am eklatantesten geirrt, denn schon am Vorabend der Feier hatte sich ein Vertreter der Familie Buxhoeveden in seinem Vortrag ausgewogen, also auch kritisch, mit Albert und dessen Zeit auseinandergesetzt.

Bei der Einweihungszeremonie
klang diese Kritik dann in zahlreichen Reden an: beim deutschen Botschafter Reinhart Kraus und dem Vertreter der Familie Buxhoeveden ebenso wie bei den Vorsitzenden der Freundeskreis, Dr. Heinz-Adolf Treu, beziehungsweise des Deutsch-Baltischen Kirchlichen Dienstes, Heinrich Wittram, sowie dem lettischen Kardinal Janis Pujats, Erzbischof Vanags und bei Dainis Ivans als Repräsentant der Stadt Riga.

Botschafter Kraus hatte durch einen Vergleich die Komplexität des Problems zum Ausdruck gebracht: Karl der Große sei in der Geschichtsschreibung auch als "Sachsenmörder" bekannt, und dennoch würde alljährlich in Aachen der Karlspreis verliehen.

Die lettischen Redner hoben hervor, daß in Folge der von Albert begonnenen Eroberung des Territoriums des jetzigen Lettlands und Estlands die Ostgrenze dieser Region zur Ostgrenze des Abendlandes geworden sei. – Ein Argument, das vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die Aufnahme der baltischen Staaten in die EU und die Nato erhebliche politische Bedeutung bekommen hat.

 
     
     
 
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