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Die "baltischen Tiger" Estland, Lettland und Litauen haben unter den ehemaligen Sowjetstaaten und EU-Beitrittsländern wohl den rasantesten Sprung nach vorne gemacht. Das Baltikum sei ein "moderner Hightech-Hotspot mit großen Zukunfts-Chancen", schreiben Eike Wenzel und Anja Kirig vom Zukunftsinstitut in ihrer Studie "Emerging Retail Markets - Die Zukunft des Handels in Mittel- und Osteuropa". Nach der Privatisierung sei vor allem in Estland die wirtschaftliche Modernisierung mit der gesellschaftlichen Wandlung und der Entwicklung zu einer westlichen Dienstleistungskultur einhergegangen. Das Land werde auch in den nächsten Jahren vom Hochtechnologie-Boom profitieren.
Zum Handelsaufschwung im Baltikum haben vor allem die Investitionen der skandinavischen Nachbarn Schweden und Finnland in lokale Firmen und der schnelle Aufbau von Handelsketten beigetragen. Die Kosten für den Handel seien im Baltikum signifikant niedriger, so die Autoren. So hat das britische Kaufhaus Marks & Spencer seinen ersten Standort in Tallinn / Reval eröffnet und wolle noch weiter investieren. Als Top-IT-Standort mit hoher Technikbegeisterung sei Estland eine ideale Plattform zur Erprobung und Anwendung neuer Handelstechnologien und Innovationen. Daher würden hier in den nächsten Jahren auch wichtige Trends zum Beispiel bei den Zahlungssystemen gesetzt werden: "Die Internetnutzung ist in Estland ein wichtiger Treiber für die Modernisierung des Landes und die Positionierung auf den Weltmärkten. Hinter Dänemark (36 Prozent) und Finnland (21 Prozent) liegt Estland (20 Prozent) bei der Breitbandnutzung bereits auf Platz drei." Internet und E-Commerce eröffnen vor allem dem Handel in der Zukunft eine ganz neue Dimension. Estland ist beispielsweise führend bei Internethandel.
Tallinn / Reval, die Hauptstadt Estlands, entwickelt sich immer mehr zum Konsum-Tempel. Die Läden haben sieben Tage in der Woche geöffnet, und kaufkräftige Touristen und Besucher aus Skandinavien und Nordostdeutschland kommen zum Shoppen nach Tallinn / Reval. In den baltischen Ländern ist eine Entwicklung zu einer wissensbasierten Volkswirtschaft absehbar, die für Handel und Dienstleister große Chancen bereit hält.
Estland und Lettland haben bei der Privatisierung schon größere Fortschritte gemacht als Litauen. Zwar sind die baltischen Länder von vergleichsweise geringem Niveau gestartet, doch dafür blüht die Wirtschaft jetzt um so kräftiger. Die Wirtschaft ist mittelständisch strukturiert. Viele Firmen bedienen bestimmte Nischen. Dies mag auf den ersten Blick nicht so beeindruckend wirken, hat aber den Vorteil, daß das Baltikum von weltwirtschaftlichen Schwankungen nicht so stark betroffen ist. Im Außenhandel orientieren sich Estland, Lettland und Litauen eindeutig in Richtung Europäische Union. Der große Nachbar Rußland spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. 2004 exportierte Lettland zum Beispiel zwölf Prozent seiner Güter nach Deutschland und importierte sogar fast 14 Prozent aus Deutschland.
Lettlands Hauptstadt Riga hat eine Arbeitslosenquote, von der Berlin oder Paris nur träumen können. Sie liegt stabil bei unter fünf Prozent. Das zieht Firmengründer und junge Absolventen an, die hier ideale Bedingungen vorfinden. Verglichen mit einer deutschen Großstadt wie Frankfurt, sind die Lebenshaltungskosten in Riga 45 Prozent niedriger. Auch wenn der Aufholbedarf gegenüber anderen EU-Staaten weiterhin groß sei, könne es in Sachen Wachstum europaweit derzeit niemand mit den Letten aufnehmen. Im diesjährigen Global Retail Development Index, einer Studie zu den attraktivsten Investitionsstandorten für internationale Handelsunternehmen, belege Lettland weltweit den fünften Platz. Ein neues Unternehmen kann innerhalb von nur zwei Tagen gegründet werden.
Vor allem Finnland und Schweden investieren massiv |
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