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Rußland erlebt zur Zeit eine der schwersten Etappen in seiner Geschichte. Die letzten zehn Jahre wird es politisch und ökonomisch von einer Clique äußerst unprofessionell regiert. Während dieser Zeit wurde das russische Volk schon mehrmals geplündert. Die Staatsmacht der Präsident und seine Administration, die Regierung und das Parlament sehen ihre Aufgaben nur darin, ein möglichst großes Stück von dem ohnehin kleinen Kuchen der russischen Wirtschaft für sich selbst zu sichern. Unser Volk ist nicht mehr imstande, diese Armee von Nichtstuern und Dieben zu ernähren.
Das Dorf Markthausen/Popelken (Kreis Labiau) ist ein anschauliches Beispiel, wohin unprofessionelle Leitung führen kann. Die Einwohnerzahl des Dorfes beträgt heute etwa 517 Menschen. Etwa 70 Prozent der arbeitsfähigen Einwohner sind zur Zeit arbeitslos. Und sie haben praktisch keine Chance, eine Arbeit zu finden. Einige Hoffnung könnte man auf die nahe liegenden Städte wie Insterburg und Labiau setzen. Doch die Kosten für Hin- und Rückfahrt sowie Zimmermiete machen alle möglichen Einkünfte total zunichte. Man bleibt also im Dorf sitzen, führt den Haushalt oder säuft, um dieses aussichtslose Leben für kurze Zeit zu vergessen.
Die landwirtschaftliche AG "Plawskoje" neigt sich auch immer schneller ihrem Ende zu. Hier arbeiten heutzutage etwa 74 Menschen, doch tatsächlich gibt es nur für etwa 20 bis 25 Menschen genug Arbeit. Und das zeigt sich in niedrigen Löhnen, die im übrigen seit 1995 praktisch nicht mehr ausgezahlt werden. Die Entlohnung erfolgt in letzter Zeit meistens in Form von Getreide oder Fleisch. Und das wirkt bedrückend, weil man fürs Leben nicht nur Lebensmittel braucht und nicht alles im eigenen Haushalt angefertigt werden kann.
Das Dorf wird immer schmutziger. Die Straßen sind voller Löcher und Buckel. Apfel- und Birnbäume werden abgeholzt. Viele Häuser sind baufällig. Die Dorfverwaltung unternimmt nichts, um dieses Elend zu stoppen, nicht einmal das, was in ihrer Macht läge und wofür man kein Geld bräuchte und wofür sie schließlich zuständig ist. Es gibt keine Fürsorge für Kinder und alte Menschen. Man kleidet und ernährt sich meistens damit, was man von humanitärer Hilfe bekommt oder selbst angebaut und gezüchtet hat.
Das Leben wird primitiv und ähnelt immer mehr der Naturalwirtschaft des Mittelalters. Doch unser Dorf hat auch Menschen, die aktiv gegen diese Misere auftreten und bereit sind, das Leben im Dorf zum Besseren zu ändern. Immer mehr Menschen sehen ein, daß man sein Leben selbst in die Hand nehmen muß und dabei nicht auf die Hilfe unserer Freunde verzichten braucht. Nur durch tägliche und hartnäckige Arbeit kann man sein Leben besser und würdiger gestalten. Man muß neue Arbeitsplätze schaffen, das Dorf mit allen Bequemlichkeiten ausstatten, Häuser und Straßen in Ordnung bringen.
Das alles ist tatsächlich möglich, und diese Möglichkeit wäre noch realer, wenn unser Gebiet sowie andere Regionen Rußlands gesetzlich weniger abhängig von Moskau wären politisch und wirtschaftlich. Die allererste Aufgabe jedes Staates ist die Erhöhung des Wohlstandes des eigenen Volkes. Wenn der Staat das nicht gewährleisten kann oder will, dann muß das Recht und die Verantwortung an die Regionen übergeben werden.
Der Autor ist stellvertretender Schuldirektor in Markthausen.
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