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Die Kirchenleitung der "Evangelisch-lutherischen Kirche im europäischen Teil Rußlands" hat ihren Sitz in Moskau, und dort finden in der Regel auch die Tagungen der Synode statt. Diesmal aber hatte das Präsidium nach Königsberg eingeladen. Warum? Obwohl die Propstei Königsberg der Fläche nach mit Abstand die kleinste unter den zwölf Propsteien des europäischen Teils der Russischen Föderation ist, hat sie mit ihren über 40 Gemeinden nicht nur die größte Zahl von Kirchengemeinden, sondern vermutlich auch die größte Zahl von Gemeindemitgliedern. Und von den 126 Delegierten kam ein volles Viertel aus dem Königsberger Gebiet.
Worum ging es bei der Synode? Noch vor zehn Jahren, als kaum jemand wußte, was eine Synode ist und wozu sie da ist, haben sich die Teilnehmer gegenseitig ihre Freuden und Leiden erzählt, und zu den Leiden gehörten zwei Hauptpunkte: Abwanderung und Überalterung. Diesmal hatte die Synode ein festes Arbeitsprogramm. Sie arbeitete an einer Geschäftsordnung und sie bemühte sich, eine Lebensordnung zu erstellen. Natürlich wurde auch der Haushaltsplan beraten und beschlossen.
Die Finanzen sind ein heißes Eisen. Natürlich lebt eine solche Minderheitskirche ganz stark von Hilfe aus anderen Staaten. Die Hilfe aus der Bundesrepublik Deutschland wird geringer. Wie kann das Loch gestopft werden? Wir, die wir selber mit dem "Sparen" nicht zurecht kommen, sollten sehr behutsam mit unseren Brüdern und Schwestern reden. Denn ihr "Sparen" geht von einem viel niedrigeren Niveau aus. Wenn die Evangelische Kirche in Deutschland und die Landeskirchen, die eine Partnerbeziehung zum Osten haben, nicht mehr so viel geben können wie bisher, ist um so stärker das Diasporawerk der Kirche gefragt, also das Gustav-Adolf-Werk, dessen selbstgestecktes Ziel es seit seiner Gründung im Jahre 1832 ist, evangelische Minderheiten zu unterstützen.
Zu einer Synode gehört ein Eröffnungsgottesdienst, und in dem wurden zwei markante Höhepunkte gesetzt, nämlich die Ordination einer Pastorin, die in Nowo Saratowka (bei St. Petersburg) ausgebildet worden ist, und die Einsegnung eines Mannes, der als orthodoxer Priester zur lutherischen Kirche übergetreten ist. Bei einer Synode gibt es Gäste aus dem In- und Ausland, von staatlichen Behörden und von Schwesterkirchen. Und auch da gab es ein bemerkenswertes Ereignis: Der katholische Prälat Jerzy Steckiewicz und der orthodoxe Igumen Markel saßen nicht nur nebeneinander, sondern unterhielten sich angeregt. Eine Synode bietet auch ein Kulturprogramm. Die Propstei Königsberg zeigte, was diesbezüglich in ihr steckt. Eine Kindergruppe aus Insterburg trat auf, ein vorzüglicher kleiner Posaunenchor aus Königsberg, die Gemeindechöre von Königsberg und Gumbinnen. Ein Historiker zeigte Lichtbilder von Kirchen und Gemeindehäusern im Gebiet, das Straßenkinderprojekt Jablonka (Apfelbäumchen) wurde präsentiert. Propst Osterwald gab Informationen zur Propstei.
Die schöne, vor fünf Jahren eingeweihte neue Auferstehungskirche bot der Synode gute Arbeitsbedingungen. Die Synode wird wohl nicht das letzte Mal hier getagt haben. Und die Bitte um den Segen wird sicher nicht vergeblich gewesen sein. |
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