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An der Parkuhr klebt ein Zettel. "Geld weg?" lautet die Frage, die die Aufmerksamkeit des Lesers hervorruft. So erfährt der Autofahrer, daß das Land Berlin "320 Millionen Euro zum Fenster rausgeworfen hat" - für den Großflughafen Berlin-Schönefeld. Es sind diese kleinen Dinge, die den Protest der Berliner Studenten so sympathisch machen. Berlin ist pleite. Der Schuldenberg beläuft sich auf 52 Milliarden Euro . Und alles wegen der Bankgesellschaft Berlin.
Erinnern wir uns zurück an den Immobilienboom der 90er Jahre: Damals waren Manager aus der Immobilienbranche erstaunt über die Geschäfte der Bankgesellschaft. Ob Mietskaserne oder Eigenheim - die Bankgesellschaft setzte viel zu hohe Erwartungen in den künftigen Geschäftsverlauf. Zudem wurden den Zeichnern der Immobilienfonds Gewinne garantiert. Die Bankgesellschaft verpflichtete sich, für die Miete in Gewerbeparks und ähnlichem aufzukommen, falls sich kein Mieter finden ließe. Und jene Bankgesellschaft war wiederum rückversichert durch den Senat. So haftete schließlich der Steuerzahler für die aberwitzigen Gewinnversprechen der Berliner Bankgesellschaft an die Privatinvestoren.
Der Diepgen-Senat ist darüber gestolpert. Die SPD, die die ganze Zeit mit an der Regierung war, nutzte die Misere geschickt aus. Es gelang den Genossen, die Schuld allein der CDU in die Schuhe zu schieben - nicht zuletzt deshalb, weil Rüdiger Landowsky heimlicher CDU-Strippenzieher und Vorstandsmitglied der Bankgesellschaft zugleich war.
In den 80er Jahren hatte es in der Westberliner CDU schon einmal einen Bauskandal gegeben. Und auch die neue Affäre hat alles, was ein guter Mafiafilm braucht: ein Strohmännersystem, Bilanzfälschung, Untreue und Verquickung persönlicher und politischer Anliegen. Die SPD ist jedoch genauso verwickelt in die Affäre. Nach den Neuwahlen hat das Parlament die Garantie-Erklärungen der Bankgesellschaft übernommen. Auf 21 Milliarden Euro wird das Volumen der Garantie-Erklärungen im schlimmsten Falle geschätzt, weil die sagenhaften Gewinne, zu deren Ausschüttung sich die Bank verpflichtet hatte, natürlich nie eintraten.
Der SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin erlebt tumultartige Szenen, wenn er sich den Bürgern der Stadt stellt. Kita-Gebühren steigen, Straßenzüge veröden, Krankenhäuser werden geschlossen. Für alles wird der Sparsenator verantwortlich gemacht. Das wird schon mal laut. Als Studenten sein Büro besetzten, brüllte er: "Raus, ihr Arschlöcher!"
Die Justiz hat wegen des Umlenkens öffentlicher Gelder in private Taschen lange ermittelt. Unterdessen verzehren die Damen und Herren aus dem Bankenvorstand ihre üppigen Pensionen. Keiner wurde je zur Rechenschaft gezogen. Zehn Staatsanwälte kämpfen gegen die Zeit. Der Skandal scheint ihnen "wegzuverjähren", weil Betrugsdelikte nach fünf Jahren verjähren. Über 5.000 Akten sollen sich in einer früheren Polizeiturnhalle befinden - alles Recherchematerial in Sachen Bankenskandal.
Doch jetzt tut sich etwas. Ein Volksbegehren ist eingeleitet worden. Der Blankoscheck für die Bank solle rückgängig gemacht werden, fordern die Initiatoren. Dann müßte sie Konkurs anmelden. Das würde vielen Fonds-Zeichnern nicht gefallen, ihre astronomischen Gewinne, die nun der Steuerzahler zu berappen hat, wären dahin. Aber die, die es jetzt ausbaden müssen, sind zahlenmäßig mehr als die, die von den Fonds profitieren.
Hier geschieht vielleicht etwas, das demokratietheoretisch ganz wichtig ist. Die Bürger stehen auf und versuchen sich ein Stück von der Macht zurückzuholen, die sie zuvor an eine Kaste von korrupten Politikern delegiert haben. |
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