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Es war ein Mythos, der insbesondere vor dem Mauerbau eine willkommene Gegenwelt für Besucher aus Mitteldeutschland kurzfristig zu stiften vermochte. Nun ist es herum. Das berühmte Café am Kudamm schließt seine Pforten, die Mädchen mit den großen Schleifen bedienen nicht mehr. Es war eine der vielen Facetten, die das "Kranzler" zu einem unverwechselbaren Begriff in Berlin gemacht hatten. Zwar war das Haus am Kurfürstendamm "nur" die 1932 eröffnete Filiale des vor mehr als 150 Jahren gegründeten Stammhauses am Boulevard Unter den Linden , jedoch galt das Haus am Kurfürstendamm bald als die noch feinere Adresse.
Im Gegensatz zum Stammhaus spielte der Krieg dem Gebäude am Kurfürstendamm nicht ganz so übel mit. Dreistöckig galt es in die 50er und 60er Jahre als eine der großen Nobeladressen in Berlin. Das Haus war auch während der Teilung ein Stück "ganz Berlin" und bedurfte gekünstelter Berlinseligkeit nicht. Daß es jetzt einem Neubau weichen muß, ist bitter und zugleich ein Identitätsverlust für die Hauptstadt und ihre immer spärlicher gewordene Kaffeehauskultur. Darüber täuschen auch die uniformen Nobelcafés und Bistros in Mitte und am Potsdamer Platz nicht hinweg.
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