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Seit Jahr und Tag wird von der deutschen Bundesregierung unabhängig von den sie tragenden Parteien die deutsch-amerikanische Freundschaft beschworen. Wer sie ohne Vorbehalt beobachtet, kommt allerdings zu dem Schluß, daß sie am ehesten darin besteht, daß Deutschland jedem Wunsch der USA, manchmal sogar bevor er ausgesprochen wurde, willfährig folgt. Umgekehrt setzen die Vereinigten Staaten rücksichtslos ihre Interessen durch, auch wenn es auf Kosten Deutschlands geschieht. Ein neues Beispiel dafür zeichnet sich ab im Eingreifen der US-Regierung gegen die Absicht der in Kiel beheimateten Howaldswerke-Deutsche Werft AG, eine zum Verkauf stehende Minderheitsbeteiligung an der größten U-Boot-Werft außerhalb Europas und der USA in Australien zu übernehmen.
Die Howaldswerke-Deutsche Werft AG (HDW) ist die bedeutendste Werft, wenn es um den Bau konventionell angetriebener Unterseeboote geht. Mit der von ihr gemeinsam mit Siemens entwickelten Klasse 212 der U-Boote hat sie einen Bootstyp geschaffen, der durch ein neuartiges außenluftunabhängiges Antriebssystem in die Lage versetzt wird, bis zu 30 Tagen unter Wasser zu bleiben. Der Fahrmotor wird von Strom angetrieben, der durch Aufspaltung und Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt wird. Das kleine und wendige Boot ist extrem leise und kann nur schwer aufgespürt werden. Es braucht weder Benzin noch Dieselöl. Seine Torpedos werden durch eine Pumpe hydraulisch ausgestoßen, was vollkommen geräuschlos erfolgt. Über ein bis 30 Seemeilen langes Kabel werden die Torpedos ins Ziel gelenkt, wobei der Weg durch ein "Basis-Führungs- und-Waffen-Einsatzsystem errechnet wird, das von einer norwegischen Firma entwickelt wurde. Durch diesen neuen Typ wurde Deutschland weltweit führend im U-Boot-Bau.
1999 kaufte HDW vom schwedischen Rüstungskonzern Celsius die U-Boot-Werft Kockums. Diese wiederum ist zu 49 Prozent an der Australian Submarine Corporation (ASC) in Adelaide beteiligt. HDW möchte diese 49 Prozent ebenfalls übernehmen, was die australische Regierung auch nicht ungern sehen würde. Ihr gehören ebenfalls 49 Prozent der Anteile von ASC. Die Werft macht ihr Kummer: die von der australischen Kriegsmarine dort bestellten sechs U-Boote der Collins-Klasse, einer Eigenentwicklung der australischen Werft, erfüllten nicht die in sie gesetzten Erwartungen. Nicht zuletzt auch, weil das australische Verteidigungsministerium ständig Änderungen verlangte. Jetzt soll sogar das gesamte Waffensystem auf den Collins-Booten ersetzt werden durch eine neuere elektronische US-Gefechtstechnologie. Ziel der Umrüstung: die australischen U-Boote sollen auch zur Unterstützung der US-Pazifikflotte eingesetzt werden können.
Der US-Rüstungsindustrie paßt es nicht, daß die Howaldswerke-Deutsche Werft AG Mitbesitzerin der Australian Submarine Corp. wird. Deshalb hat die US-Regierung erwirkt, daß die australische Regierung von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch macht und die 49 Prozent für sich reklamiert, nachdem sie gegen den Verkauf an HDW ihr Veto eingelegt hat.
Die Amerikaner haben es der Regierung in Canberra klar gemacht, daß sie nicht bereit seien, fortgeschrittene US-Technologie wie ihre Zielwaffen zu verkaufen, wenn der deutsche U-Boot-Bauer HDW die Anteile von ASC übernimmt. Die Kieler Nachrichten zitieren die "Australian Financial Review": "Die Amerikaner wollen nicht, daß ihre Technologie in fremde und möglicherweise feindliche (!) Hände fällt." Deutsche diplomatische Kreise bezeichnen diese Argumente als vorgeschoben. "Die Amerikaner setzen rücksichtslos und mit politischem Druck die Interessen der eigenen Rüstungsindustrie durch," zitieren die Kieler Nachrichten einen deutschen Diplomaten.
Den Anteil, an dem die deutsche Werft interessiert war und den zunächst nach ihrem Veto die australische Regierung an sich bringen mußte, wird jetzt von dem amerikanischen Konzern "Electric Boat" übernommen, einer Tochterfirma von General Electric Boat. Electric Boat ist der weltweit führende Produzent von atomgetriebenen U-Booten, während HDW führend ist in der Konstruktion und im Bau konventionell getriebener Unterseeboote.
Im Mai soll ein Sonderbotschafter der australischen Regierung nach Kiel reisen, um im Auftrag des Verteidigungsministeriums mit der Howaldswerke-Deutsche Werft AG über die aufgetretenen Probleme zu sprechen.
Wenn man das im deutschen Bundestag übliche von der Moral getriebene Argumentieren verfolgt, das um nahezu jeden größeren Rüstungsauftrag entfacht wird man denke an den eventuell anstehenden türkischen Auftrag für deutsche Panzer , dann wundert man sich, warum Moral plötzlich keine Rolle mehr spielt, wenn unsere vorgeblichen Verbündeten sich Rüstungsanlagen und damit Rüstungsaufträge energisch zu sichern trachten.
Michaela Weiser
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