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In letzter Zeit kam die Biographie als wichtiger Baustein historischer Erkenntnis wieder zur Geltung. "Menschenleere Strukturlandschaften" offenbarten ihre Dürre. Wie ergiebig der biographische Zugriff sein kann, zeigt dieser vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam herausgegebene Band.
Verschiedene Autoren haben die Lebenswege von 19 Generälen und Admiralen der DDR-Streitkräfte "skizze nhaft" dargestellt. Eigentlich liegen eher Kurzbiographien vor, die auf einer soliden archivarischen Basis ruhen. Manche der hier vertretenen Offiziere werden erstmals seriös porträtiert.
Dabei wollen die Verfasser das "Biographisch-Individuelle" mit allgemeinen Fragestellungen verknüpfen. Sie wenden das "Generationenkonzept" an; jeweils "gemeinsame Erfahrungs- und Erlebnisschichtungen" konstituieren eine Altersklasse. Diese Methode ist gut gewählt, denn jeder Offiziersgeneration entsprechen bestimmte Phasen der DDR-Militärgeschichte.
Die ersten beiden Jahrgangsgruppen, die Schöpfer der Kasernierten Volkspolizei (KVP) und der Nationalen Volksarmee (NVA), stehen im Mittelpunkt des Buches. Da sind zuerst gebrochene Lebensläufe zu nennen, ehemalige Wehrmachtsoffiziere, die ursprünglich den Nationalsozialismus unterstützten, dann in der Kriegsgefangenschaft zum Kommunismus konvertierten, manchmal aber der SED-Herrschaft distanziert gegenüber standen.
Hierzu gehören Rudolf Bamler, einst Mitarbeiter des Admirals Canaris, Arno von Lenski, Panzergeneral der 6. Armee und Heinz Bernhard Zorn, Luftwaffenoffizier unter Göring. Die Motive solcher Troupiers, die fast immer dem "Nationalkomitee Freies Deutschland" angehört hatten, sowjetzonale Streitkräfte aufzubauen, kann man nicht verallgemeinern. Neben von Lenski, der lange schwankte, und Heinz Bernhard Zorn, ein unkritischer Idealist, stand Bernhard Bechler, ein skrupelloser Karrieremensch, der unmittelbar nach seiner Gefangennahme die Fronten wechselte.
Anfangs brauchte das Regime die militärische Sachkunde vormaliger Wehrmachtssoldaten. Doch traute die DDR-Obrigkeit ihnen nie. Die Stasi beäugte sie zutiefst mißtrauisch, bis die Garde der Veteranen Ende der 50er Jahre den Dienst quittieren mußte.
"Altkommunisten" bildeten die Kader der "zweiten Gründergeneration". Teilweise hatten sie im Untergrund gegen das NS-System gekämpft und/oder lange Jahre im sowjetischen Exil gelebt, wie der spätere DDR-Verteidigungsminister Heinz Hoffmann, der NVA-General Friedrich Dickel sowie der Ideologe und Chef der politischen Hauptverwaltung der KVP/NVA Rudolf Dölling. Willi Stoph avancierte in der Wehrmacht zum Unteroffizier; von 1955 bis 1960 bekleidete er das Amt des DDR-Verteidigungsministers.
Als "dritte Generalsgeneration" gelten jene, die 1945 relativ jung waren und ärmlichen sozialen Verhältnissen entstammten. Manche dienten in der Wehrmacht, andere erlebten die vormilitärische Ausbildung der HJ. Nicht zuletzt, weil ihnen das Militär die Chance des sozialen Aufstiegs bot, traten sie in die NVA ein - Fritz Streletz, Stabschef der NVA, Horst Stechbarth, hoher Truppenkommandeur oder auch Admiral Theodor Hoffmann, letzter DDR-Verteidigungsminister, der 1990 die NVA "abwickelte".
Diese interessanten Biographien ergänzen die Militärgeschichtsschreibung zur DDR. R. Helfert
Hans Ehlert und Armin Wagner (Hrsg.): "Genosse General! Die Militärelite der DDR in biografischen Skizzen", Ch. Links Verlag, Berlin 2003, 632 Seiten, 29,90 Euro |
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