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Die Guten sind erwünscht

 
     
 
Wer wollte jetzt noch bestreiten, daß Deutschland ein Einwanderungsland ist? Der wieselflinke Stürmer mit dem ghanaischen Vater, David Odonkor, entzückt die Nation und draußen jubeln schwarz-rot-gold schwenkende türkische Fans jubelnd auf den Plätzen, wo die Großleinwände stehen. Da haben wir es doch! Selbst die entschiedenen Kritiker von „Multikulti“ mag der gar nicht unangenehme Verdacht beschleichen, daß sie vielleicht unrecht hatten mit ihren Befürchtungen. Sie mögen sich fühlen wie eine glücklichere Kassandra, die nichts fröhlicher gestimmt hätte als die Einsicht, falsch gelegen zu haben mit ihren düsteren Prophezeiungen.

Doch Entscheidungen aus Überschwang sind selten weise.

Die Debatte „Einwanderungsland oder nicht“ erscheint vor allem deshalb oft als verbohrtes, inhaltsarmes Fingerhakeln um einen Begriff, weil die streitenden Parteien – und zwar beide! – das Wort sinnverkehrt gebrauchen. Eigentlich müßte die Stoßrichtung beider Lager genau entgegengesetzt verlaufen:

Als der bayerische Innenminister Günther Beckstein vor Jahren forderte, Deutschland solle die Ausländer hereinlassen, „die uns nützen, statt die, die uns ausnützen“, bezog er von der sogenannten „Einwanderungslobby
“ heftige Prügel. Dabei hatte der CSU-Politiker nichts anderes getan als das Grundprinzip benannt, nach dem alle Einwanderungsländer handeln.

Wer ein Land schon deshalb als „Einwanderungsland“ betitelt, weil in ihm eine gewisse Anzahl von Menschen ausländischer Herkunft ihre dauerhafte Bleibe gefunden hat, hat damit praktisch sämtliche Länder der Welt beschrieben – denn dieser Befund trifft auf alle zu, selbst auf die ärmsten und entlegensten. Überall wird der Besucher auf Menschen treffen, die fremder Herkunft sind. Der Unterschied zwischen den Begriffen „Land“ und „Einwanderungsland“ wäre so gesehen derselbe wie zwischen „Wasser“ und „nassem Wasser“ – also gar keiner.

Doch die Realität sieht anders aus: Einwanderungsländer unterscheiden sich von anderen Ländern dadurch, daß sie Art und Umfang der Einwanderung gezielt steuern. Sie folgen dabei exakt der Maxime, die Beckstein kurz und knapp umschrieben hat: dem nationalen Eigeninteresse. Die Anliegen derer, die gern einwandern würden, werden bestenfalls an zweiter Stelle berücksichtigt, wenn überhaupt. Genau dies aber bekämpft die „Einwanderungslobby“ mit allen Mitteln. Es sollen gerade nicht die Interessen Deutschlands sein, die darüber entscheiden, ob jemand herein darf oder nicht. Bis hin zu der Maximalforderung „Grenzen auf für alle“ sollen allein die Anliegen derer zählen, die kommen wollen.

Aus dieser bewußt falsch gesetzten Definition von „Einwanderungsland“ resultiert auch der Widerstand gegen den Begriff: Wohl wissend, daß Deutschland in Gefahr gerät, wenn es sich allen Erdenmenschen als möglicher Wohnsitz öffnet, auch denen, die wirtschaftlich mehr kosten als sie erbringen und / oder kulturell hohe Integrationshürden mitbringen, lehnen sie den Begriff als solchen ab.

Sobald sich die Diskussion aber von der banalen Schlagwortebene zu den Sachfragen vorarbeitet, findet ein regelrechter Polsprung statt: Jetzt (wie in der Kontroverse um die Beckstein-Äußerung) ist es die Einwanderungslobby, die sich vehement dagegen wehrt, daß Deutschland die eigennützigen Prinzipien von tatsächlichen Einwanderungsländern übernimmt. Und es sind jene, die den Begriff „Einwanderungsland“ zuvor äußerst kritisch sahen, die sich seine tatsächlichen Inhalte umgehend zu eigen machen.

Neben den zu klärenden Fragen nach wirtschaftlicher Nützlichkeit und kultureller Verträglichkeit beleuchten die Szenen schwarz-rot-gold-seliger Zuwanderer einen weiteren Aspekt, den die Einwanderungslobby mit Gewalt auszublenden trachtet: Daß kaum etwas die Integration so sehr fördern kann wie die Entwicklung patriotischer Gefühle für die neue Heimat – die freilich erst einmal vorgelebt werden müssen von den Einheimischen. Wo kein Feuer ist, da gibt es auch keinen Funken, der überspringen könnte. Die patriotischen Gegner der Einwanderungslobby entdecken allzu oft antideutsche Wallungen als die tiefere Triebkraft der „Multikultis“, welche die Fremden nur deshalb massenhaft ins Land lassen wollen, damit diese mit dem Deutschen schlußmachen. Die Verachtung dem eigenen Volk gegenüber wird bloß getarnt als Menschenfreundlichkeit den Fremden gegenüber, die in diesem Spiel nur Mittel zum Zweck sind. Wer erinnert sich nicht noch an die kalte Ablehnung, welche den Rußlanddeutschen Anfang der 90er Jahre gerade von jenen entgegenschlug, die sonst jede Zuwandererwelle begeistert begrüßten, wenn sie nur nichtdeutsch genug war.

Sozialamt der Welt – Deutschland nimmt fast jeden auf

Andere fragen nach wirtschaftlicher Nützlichkeit

Am Ziel der Träume: Auswanderer im Hafen von New York vor der Freiheitsstatue
 
     
     
 
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