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Er malte keine Interieurs, keine lesenden Menschen, keine strickenden Frauen, wie seine Zeitgenossen sie auf der Leinwand festhielten. "Es müßten lebendige Menschen sein, die atmen und fühlen, leiden und lieben", forderte er schon als junger Mann. Und so hat der Norweger Edvard Munch (1863-1944) in seinem Werk wie kaum ein anderer Künstler seiner Zeit die Gefühle in den Mittelpunkt gestellt. Wer bedeutende Werke dieses Malers sehen möchte, der muß dazu nicht eigens nach Oslo fahren (obwohl ein Besuch im dortigen Munch-Museet durchaus lohnenswert ist). Eine umfangreiche Ausstellung mit 160 Arbeiten des Norwegers, vor allem Graphik und 13 wichtige Gemälde wie die "Madonna", zeigt die Hamburger Kunsthalle noch bis zum 14. Mai unter dem Titel "Edvard Munch - ... aus dem modernen Seelenleben".
Munch und Deutschland, das war eine durchaus enge Beziehung. So hielt sich der Maler um die Jahrhundertwende immer wieder einmal in Deutschland auf, vorwiegend in Berlin. Aber auch nach Hamburg und nach Lübeck führten ihn seine Wege.
In Lübeck war es der Augenarzt Max Linde, der alles daran setzte, aufstrebenden Künstlern wie Munch finanziellen und ideellen Rückhalt zu geben. Nur wenige ausgewählte Freunde hatten Zugang zu seinen reichen Kunstsammlungen, darunter waren so unschätzbare Originale wie die von Böcklin, Leibl, Manet, Degas, Liebermann, Rodin und Edvard Munch. Bis zum Jahr 1909 war Munch wiederholt zu Gast gewesen in der Lindeschen Villa, die seit 1968 ein Standesamt beherbergt. Er malte die vier Söhne der Familie und schuf 1904 einen Fries für Linde. Drei Jahre später entstand ein Ölgemälde, das den Garten der Villa Linde in der Ratzeburger Allee zeigt. Umgeben von lichtdurchfluteten Bäumen sitzt der berühmte "Denker" von Auguste Rodin (1840-1917) auf dem Sockel. Zu sehen ist das Gemälde nun nicht in der Kunsthalle, sondern einige 100 Meter Luftlinie entfernt im Bucerius Kunstforum am Hamburger Rathausmarkt. Dort wird derzeit auf mehr als 600 Quadratmetern die Ausstellung "Vor 100 Jahren - Rodin in Deutschland" gezeigt. Zu sehen sind 68 Skulpturen, 40 Zeichnungen und 50 Fotografien, die Einblick geben in die Schaffensweise des Bildhauers.
Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte Rodin, der als Begründer der modernen Plastik gilt, in Deutschland eine große Anhängerschaft. Bei seiner triumphalen Schau anläßlich der Pariser Weltausstellung 1900 waren ihm die vielen Bewunderer aus Deutschland aufgefallen. Dieser Eindruck mag ihn auf die Idee gebracht haben, mit einer Reihe von Ausstellungen gezielt das deutsche Publikum zu erobern.
Im Anschluß an die Weltausstellung machte der französische Bildhauer eine regelrechte Tournee durch Deutschland. Bei diesen Ausstellungen setzte er auf ein ungewöhnliches, geradezu modern anmutendes Konzept: Er zeigte nicht mehr nur einzelne vollendete Skulpturen, sondern wollte den Ausstellungsbesuchern den ganzen Prozeß seines Schaffens vor Augen stellen. So wählte er bewußt Werke aus Gips aus, einzelne Elemente aus seinen großen Auftragswerken und kombinierte sie vielfach auch miteinander. "Rodins deutsche Ausstellungen waren komplexe Inszenierungen, die bei den Besuchern den Eindruck erwecken sollten, direkt in seinem Atelier zu Gast zu sein. Nicht das fertige Werk, sondern den künstlerischen Prozeß erklärte er damit zum Kern seiner Kunst", so die Ausstellungsmacher in Hamburg, die nun gleichfalls eine solche Präsentation der Werke Rodins vornahmen. Und so findet man neben den fertigen Bronzen auch Gipsmodelle, denen man die Arbeit am Objekt ansieht. Nähte etwa und stützende Metallgerüste zeigen den Aufbau der Werke. Das Bucerius Kunstforum und die Skulpturensammlung Dresden, wo die Ausstellung im Anschluß zu sehen sein wird, konzentrieren sich in dieser zusammen mit dem Musée Rodin, Paris, vorbereiteten Ausstellung auf jene Werke Rodins, die in Deutschland in der vom Künstler selbst inszenierten Präsentation zu sehen waren. Entstanden ist eine Ausstellung, die man durchaus mehrmals besuchen kann, um die Vielfalt der Werke auf sich wirken zu lassen.
Die Ausstellung im Bucerius Kunstforum am Hamburger Rat-hausmarkt ist bis 25. Mai täglich von 11 bis 19 Uhr geöffnet, Eintrittspreise: 5 / 3 Euro; montags ermäßigt 2,50 Euro, im Anschluß vom 10. Juni bis 13. August in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Skulpturensammlung, Ausstellungsgebäude an der Brühlschen Terrasse, täglich (außer montags) von 10 bis 18 Uhr. Zur Ausstellung ist ein Katalog im Hirmer Verlag erschienen (192 Seiten, 19,90 Euro).
Auguste Rodin: Der Künstler installiert den Gipsabdruck einer verkrampften Hand und einer flehenden Figur zu einer Komposition (1906). Foto: Musée Rodin
Ausstellungen an verschiedenen Orten beleuchten in diesem Jahr unterschiedliche Facetten der Kunst Rodins und ihrer Wirkung in Deutschland. Neben der Präsentation in Hamburg und Dresden ist auch eine im Süden und Westen Deutschlands geplant. "Auguste Rodin: Der Kuß. Die Paare" ist der Titel einer Ausstellung in der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung in München, die vom 22. September bis 7. Januar 2007 zu sehen sein wird und im Anschluß im Museum Folkwang in Essen gezeigt wird (25. Januar bis 9. April 2007). Ausgangspunkt dieser Ausstellung ist Rodins Hauptwerk "Der Kuß", das in Hamburg bedauerlicherweise nicht zu sehen ist. Dem verbreiteten Bild von Rodin als "homme à femmes" wird eine neue Betrachtung entgegengestellt, indem erstmals das Thema des Paares ausgiebig untersucht wird. Rodins Verhältnis zur Frau als Muse und Inspirationsquelle erscheint wesentlich vielschichtiger als bisher dargestellt. Neben etwa 35 Skulpturen in Stein, Marmor oder Bronze aus allen Schaffensphasen werden auch Vorzeichnungen und Fotografien zu sehen sein. |
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