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Einer beträchtlichen Zahl von Wahlberechtigten fällt es schwer, sichtbare Unterschiede zwischen den Programmen besonders der großen Parteien zu erkennen. Noch in den 70er Jahren verfügten Schwarz wie Rot über sehr solide Stammwählerkreise, die oft mit Leib und Seele hinter "ihrer" Partei standen. Seit den 80er Jahren verwischen sich die Konturen.
Dies hat einerseits zur Folge, daß die Entscheidung an der Urne zunehmend von der Person des jeweiligen Spitzenkandidaten abhängig gemacht wird. Ein Blick in die Einschaltquoten politischer Fernsehsendungen zeigt: Magazine, die sich detailliert mit politisch-inhaltlichen Fragen auseinandersetzen, können selbst in den Wochen kurz vor der wichtigen Wahl nicht signifikant mehr Zuschauer an sich binden als sonst. Die weitgehend auf den persönlichen Schlagabtausch der Exponenten ausgerichtete Sendung "Sabine Christiansen" hingegen verzeichnete - vom vergangenen Sonntag abgesehen - seit einigen Wochen einen deutlichen Anstieg in der Zuschauergunst.
Die schlechte Unterscheidbarkeit der Parteien hat überdies offenbar zu geringerer Wahlbeteiligung geführt. Seit den 50er Jahren gaben regelmäßig um die 90 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Bei der "Brandt-Wahl" 1972 waren es beispielsweise 91,1 Prozent. Seit den 80er Jahren schwankt die Wahlbeteiligung hingegen um einen Wert von nur noch 80 Prozent (1998: 82,2 Prozent, 2002: 79,1 Prozent). Die "Partei der Nichtwähler", die nicht aus Desinteresse, sondern wegen der Profillosigkeit der Parteien den Urnen fernbleibt, ist zum festen Begriff in der politischen Demoskopie geworden. JB
Einschaltquoten prominenter TV-Sendungen vor der Wahl
Fotos: (2) Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn, (2) Konrad-Adenauer-Stiftung, (2) pa, Grafiken: (5) cos |
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