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Die Zukunft von Ostdeutschland

 
     
 
Jedes Jahr ist die Landeskulturtagung der Landesgruppe Hessen einer der kulturellen Höhepunkte im Vereinsleben der Ostdeutschland in Hessen.

Auch die letztjährigen Landeskulturtage wiesen eine interessante Referentenliste auf. So wurde unter anderem über das politische Schicksal des "Kaliningrader" Gebiets referiert, oder aber die schrecklichen Erlebnisse einer durch Russen verschleppten Frau.

Nachdem Anneliese Franz die Tagungsteilnehmer am ersten Tag begrüßte, trat als Referent Dietmar Strauß an das Rednerpult. Mit seinem Diavortrag
"Wer kennt Königsberg?" zeigte er anhand von markanten Dias die verschiedenen Gesichter der Stadt. Eines zeigte sich im Laufe des Vortrages ganz deutlich, daß es außer von den bekannten Punkten Königsbergs wenige bis gar keine Bilder dieser Stadt gibt.

Den nächsten Vortragstag eröffnete Oxana Vitvitskaya mit ihrem Referat "Der Rechtsstatus des Königsberger/Kaliningrader Gebietes im heutigen Rußland". Sie ging darauf ein, daß im Rahmen des Modells einer Partnerschaft zwischen der EU und Rußland immer noch nicht der rechtliche Status des Königsberger Gebietes endgültig geklärt ist. Die Zentralregierung in Moskau strebt eine Stärkung seiner Kompetenzen für alle Gebiete an. Die Gebietsduma des Königsberger Gebietes will dagegen einen in wesentlichen Teilen unabhängigen Status gegenüber Moskau.

Im Anschluß trat Dr. Hans-Werner Rautenberg ans Mikrofon, um zum 200. Todestag von Johann Gottfried Herder ein paar Worte zu verlieren. Unter dem Titel "Von Mohrungen nach Weimar" schilderte er den beruflichen und menschlichen Lebensweg des Lieblingsschülers Immanuel Kants. Während seines ganzen Lebens hat Herder am Glauben der "göttlichen Bestimmung des Menschen" festgehalten. Er starb nach mehreren Schlaganfällen am 18. Dezember 1803.

Den folgenden Tag eröffnete der Vortrag "Masuren, Ostdeutschlands vergessener Süden" von Dr. Andreas Kossert. Er ist am historischen Institut in Warschau tätig, welches der Zusammenarbeit deutscher und polnischer Wissenschaftler bei der Erforschung der Geschichte der deutschen Ostgebiete dient. Unter anderem beschäftigte sich sein Referat mit der Siedlungspolitik vor und nach dem Zweiten Weltkrieg und deren Folgen. Kossert verwies auf einen polnischen Historiker, dieser faßte die polnische Masurenpolitik nach 1945 so zusammen: "Was die Preußen in mehr als 400 Jahren nicht geschafft haben, schafften wir Polen in einer Generation, nämlich aus den Masuren bewußte Deutsche zu machen."

Zusammenfassend meinte der Referent: "Die Nationalismen auf deutscher wie auf polnischer Seite haben dazu geführt, daß es in Masuren nicht mehr die Masuren gibt. Eine Bevölkerung, die eine Brückenfunktion zwischen Deutschen und Polen einnehmen könnte, existiert kaum noch." In der anschließenden Dis-kussion verwahrten sich verschiedene aus Masuren stammende Anwesende ausdrücklich gegen die im Vortrag angeklungene Meinung des Referenten, als "Polen" zu gelten, und bewiesen dies unter anderem mit einem Vergleich der masurischen und polnischen Sprache, die in vielen Ausdrücken sehr voneinander abweichen.

Am Nachmittag stand dann ein Diavortrag "Es leuchten 1.000 Seen in meinem Heimatland - Mehr und weniger Bekanntes von masurischen Seen" auf dem Programm. Hans-Jürgen Preuß schilderte zunächst anschaulich die Entstehungsgeschichte der Landschaft Masurens, um dann die landschaftliche Vielfalt und Schönheit dieser Gegend zu beschreiben. All das mit prächtigen Dias hinterlegt.

Die Zuhörer waren gedanklich noch in den Weiten Masurens gefangen, als die Landesvorsitzende Franz den hessischen Justizminister Dr. Wagner begrüßen konnte. Dieser berichtete über seinen letzten Aufenthalt in Königsberg (seinem Geburtsort) und von den Vorbereitungen und Vorgesprächen im Zu- sammenhang mit der 750-Jahr-Feier der Stadt Königsberg 2005. Zusammen mit dem Vorsitzenden der Stadtgemeinschaft Königsberg, Klaus Weigel, habe er dort viele kompetente Ansprechpartner getroffen. So traf er unter anderem den stellvertretenden Präsidenten der Gebietsduma, russische Intellektuelle, Studenten und den stellvertretenden Leiter des Archivs. Nach Meinung Dr. Wagners gibt es für die Russen in Königsberg keine besseren Vertreter (selbst ihrer Anliegen) als die Heimatvertriebenen, und man sollte daher bestehende Verbindungen vertiefen.

Am Abend ließ Martin Holland "Das Land an der unteren Weichsel" auf Dias vorbeigleiten. Er zeigte eindrucksvolle Bilder, die doch deutlich mehr zeigten, als es sich dem Durchreisenden sonst offenbart.

Der letzte Tag dieser Kulturtage gehörte fast zur Gänze den Schilderungen von Charlotte Kaufmann. In ihrem Beitrag "Die Vergangenheit läßt uns nicht los" berichtete sie detailliert über ihre schrecklichen Erlebnisse in Rußland, wohin sie, wie Tausende andere Frauen auch, verschleppt oder deportiert wurde. In ihrem ausführlichen Vortrag beschrieb sie die unmenschlichen Umstände, unter denen sie leben und arbeiten mußten - ihre Schwester sogar sterben. Ausführlich ging sie auf die einzelnen Stationen (Arbeitslager) der Gefangenschaft ein. Aber auch von der versöhnlichen Geste eines Russen berichtete sie, der sie 1999 überraschend besuchte, um sich bei ihr zu entschuldigen. Noch deprimiert von diesen Schilderungen mußten sich die Teilnehmer auf einen neuen Vortrag einstellen. Manfrid Baaske sprach über "100 Jahre Stadt Zoppot und die Zeit davor". Der Referent bezog sich in seinem Beitrag hauptsächlich auf den Nachdruck des Buches von Johann Eduard Böttcher, "Der Seebade-Ort Zoppot bei Danzig 1842". Durch diese expliziten Ausführungen zeichnete sich für die Zuhörer ein genaues Bild des Ortes sowie der Lebensumstände und Verhältnisse zur damaligen Zeit. Für viele eine vergnügliche und informative Auf- lockerung des Nachmittags.

Zum Schluß dankte die Landesvorsitzende allen für ihre Mitarbeit, aber auch für die entgegengebrachte Aufmerksamkeit. EB

Emsig und mit vielen Ausstellungsstücken vertreten: Die "Ostdeutschen Frauen" bereicherten die Kulturtage.
 
     
     
 
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