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Die verschwundene Stadt

 
     
 
Welch hohen Stellenwert die Erinnerungen an die verschwundene Stadt Schirwindt in Neustadt/Litauen besitzen, zeigte sich an einer würdigen Gedenkfeier, die kürzlich in der Aula der Neustädter Schule stattfand. Rund 300 Personen nahmen an der Feier teil davon ein großer Teil Schüler, der sich sehr interessiert an der Geschichte de untergegangenen deutschen Neustädter Schwesterstadt Schirwindt im Kreis Schloßber zeigte.

Schuldirektor Romas Eikevicius begrüßte die Anwesenden. Bürgermeister Algimanta Damijonaitis überbrachte die Grüße der Stadt Neustadt in Litauen und wies ebenfalls au die Bedeutung der einstigen grenzüberschreitenden Beziehungen zwischen Deutschen un Litauern
hin. Heute pflege man wieder ausgezeichnete Kontakte zu Menschen, die aus de Kreis Schloßberg-Pillkallen und besonders aus der Stadt Schirwindt und ihrer Umgebun stammen. Die Geschichtslehrerin Irene Spranaitiene, Gattin des Techniklehrers und eifrige Schirwindt-Forschers Antanas Spranaitis, gab eine kurze historische Einführung in da Thema. Dann hielt der Autor dieser Zeilen in Neustadt ein Referat, das bereits bei Schloßberger Hauptkreistreffen in Winsen/Luhe als Festbeitrag vorgetragen wurde. I liebevoller Übersetzungsarbeit hat die Neustädter Deutschlehrerin Marite Simanavicien dieses Referat vorab ins Litauische übertragen und absatzweise während der Feierstund in der Schulaula so übersetzt.

Stadtheimatpfleger Romas Treideris, intensiver Kenner der Geschichte des Grenzraumes sprach anschließend über die Beziehungen der beiden Städte Schirwindt und Neustadt in Litauen. Schlielich führte Antanas Spranaitis zwei Videofilme vor, von denen de eine Streifen, eine Kopie eines sowjetischen Propagandafilms aus dem 2. Weltkrieg, zu Teil sensationelle Aufnahmen von der Einnahme Schirwindts und auch Eydtkaus durch die Sowjets zeigt. Beim Schirwindt-Treffen im thüringischen Meiningen sorgte dieses Vide ebenfalls für Aufsehen.

Zwei Neustädter Schülerinnen, nämlich Jurgita Kvietinskaite und Gintar Kriaucelinaite, trugen während der Feierstunde die Gedichte "Schirwindt" von M Hakelberg und "Heimatmelodie" von H. Rauschenbach auf litauisch vor. Auf de Bühne der Aula stand im Kerzenschein das Schirwindter Stadtwappen mit alten Fotos aus de Schirwindt der Vorkriegszeit.

Nur Stunden später, nämlich am späten Nachmittag des 14. Oktober, befanden sic Antanas Spranaitis und der Autor auf Schirwindter Boden. Diesmal hatten sie etwa Ungewöhnliches mit: Eine Ortstafel mit der Aufschrift "Schirwindt". Spranaiti bildete sie originalgetreu den üblichen leuchtendgelben deutschen Ortsschildern nach Nach kurzer Diskussion mit dem wachhabenden russischen Offizier wegen angeblich nicht gan stimmiger Dokumente erlaubte er dann doch die Aufstellung des großen Schildes. Spranaiti hatte auch Werkzeug dabei: Brecheisen, Vorschlaghammer, Säge, mehrere Spaten, Meißel un als Material zwei Stahlpfähle für die Halterung des Schildes. Zwei fleißige russisch Grenzsoldaten gingen uns gut zur Hand, hoben die Löcher für die Haltepfähle aus un rammten diese dann in den Schirwindter Boden. Die Restarbeiten wurden beim Schein eine von Spranaitis’ Autobatterie gespeisten Lampe erledigt. Dann war es soweit: Das erst deutsche Ortsschild stand wieder auf ostdeutschem Boden! "Schirwindt" war d zu lesen. Aber anstatt des früheren Zusatzes "Kreis Schloßberg, Reg.-Bez Gumbinnen" steht nun kleiner "Die verschwundene Stadt" darunter. Denn auc den Schloßberger Kreis und den Gumbinner Bezirk gibt es seit 1945 nicht mehr.

Der Aufstellungsplatz war gut gewählt: Unweit der Pilkaller Straße, die als Zufahrtsweg zur kleinen Grenzwachenkaserne noch besteht, steht nun das Ortsschild fü Schirwindt, und zwar direkt über der verwaschenen kyrillischen Inschrif "Kutusowo", wie die Russen den heute von Zivilisten total verlassenen traurige Rest der 275-jährigen Stadt Schirwindt nach der Eroberung tauften. Jean Charles Montign
 
     
     
 
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