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Allenthalben werden zur Zeit in Geschichtswissenschaft, Publizistik und Belletristik Flucht und Vertreibung am Ende des Zweiten Weltkriegs thematisiert. Die Leiden der hiervon betroffenen Deutschen wurden jahrzehntelang unbarmherzig als selbstverschuldete Folge des von Deutschland entfesselten Krieges abgetan. Heute allerdings kann sich die nachgeborene Generation in Deutschland und in den östlichen Nachbarländern gemeinsam viel sachlicher und unbefangener dem Thema Flucht und Vertreibung widmen und verdrängte Traumata überwinden. "Versöhnung ist geheilte Erinnerung", so der Oppelner Erzbischof Alfons Nossol .
Einen besonderen, bislang kaum beachteten Aspekt von Flucht und Vertreibung stellen die Lager dar, in denen die polnische Verwaltung nach Kriegs-ende vor allem deutsche Zivilisten und Kriegsgefangene, aber auch politisch mißliebige polnische Bürger internierte. Eine Geschichte dieser Vielzahl von größeren und kleineren Deporta- tions-, Arbeits- und Durchgangslagern konnte bislang nicht geschrieben werden, waren doch die wenigen erhaltenen, verstreut aufbewahrten Quellen hierzu nicht zugänglich.
Der junge polnische Historiker Dr. Witold Stankowski, Adjunkt des Historischen Instituts der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Akademie Bromberg/ Bydgoszcz, durchsuchte im Auftrag der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen erstmals systematisch die polnischen Archi- ve nach die Lager betreffenden Dokumenten. Die Ergebnisse seiner Recherchen bieten nun einen ersten Zugang zur Problematik: Beschreibungen der Lager und der dort herrschenden Lebensumstände, Angaben zur Zahl der Internierten und zur Zahl der dort Umgekommenen. Im Mittelpunkt stehen die Lager in Pommerellen / Westpreußen, doch werden auch Lager in Schlesien, Großpolen und Zentralpolen behandelt. Die zitierten Dokumente erscheinen in polnischer Sprache und in deutscher Übersetzung. Bislang unveröffentlichte Fotos von Vertreibung der Deutschen aus Schlesien beschließen den Band. Vieles ist Fragment und wird es auch bleiben. Die Arbeit versteht sich als ersten Einstieg in das Thema, keineswegs als umfassende Darstellung. Ernst Gierlich
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