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Eine Reise in das Reich der Düfte

 
     
 
Von unsichtbaren Scheinwerfern geschickt beleuchtet, schimmern sie wie kostbare Juwelen, strahlen geheimnisvoll in den mit meist dunklem Tuch ausgeschlagenen Vitrinen. Zaghaft fast tritt man näher, möchte man doch die zarten Gebilde aus Glas nicht erschüttern. Raffiniert die Form der einen, schlicht und doch ansprechend die der anderen - der Inhalt aber ist allen Fläschchen und Flakons gemein: Parfüm, wenn auch in den unterschiedlichsten Duftnoten. Zu sehen (leider nicht zu riechen) sind die Schätze aus dem Reich der Düfte noch bis zum 24. April im Hamburger Museum
für Kunst und

Gewerbe in der Nähe des Hauptbahnhofs (dienstags bis sonntags 10-18 Uhr, donnerstags 10-21 Uhr; Eintritt 8,50 Euro / 4,10 Euro, dienstags ab 16 Uhr und donnerstags ab 17 Uhr 4,10 Euro; Katalog aus dem Prestel Verlag im Museum 24 Euro, im Buchhandel 39,95 Euro).

Dichter fanden für diese Düfte einst phantasievolle Namen wie "Himmelshauch" (Victor Hugo) und schwärmten davon in höchsten Tönen - es sei "sanft wie Oboen" (Charles Baudelaire). Seit Jahrtausenden verstehen es die Menschen, sich mit Wohlgerüchen zu umgeben. Eine alte ägyptische Volksweisheit aus dem 2. Jahrtausend vor Christus behauptet gar: "Ohne Wohlgeruch ist kein Tag glücklich." Was ursprünglich dazu gedacht war, die Götter gnädig zu stimmen, blieb lange Zeit nur den Reichen und Mächtigen vorbehalten. Heute aber sind die feinen Düfte selbst aus den großen Drogerieketten nicht mehr wegzudenken.

Hölzer, Gräser, Gewürze, Blätter und Blüten sind nach wie vor Bestandteile guter Parfüms. Aber auch Ambra (gewonnen aus den Eingeweiden des Pottwals) oder Moschus (aus den Geschlechtsdrüsen des Moschushirsches) gaben - und geben den Düften ein exquisites Flair, wenn auch heute meist auf synthetische Weise hergestellt. Übrigens: Das Geheimnis der Herstellung feiner Parfüms wird so streng gehütet wie die Goldreserve eines Staates.

Wenn der Stoff, aus dem die Träume sind, so kostbar und edel ist, dann darf die Verpackung darin in nichts nachstehen. Und so sind im Laufe der Zeit die Flakons der Duftwässer selbst zu kleinen Kunstwerken (und Sammlerstücken) geworden. Apropos, Träume. Nicht nur Frauen verwenden heute die edlen Düfte, auch Männer haben längst Gefallen daran gefunden. Das zeigen die vielen Flakons in der Hamburger Ausstellung, die Herrendüften vorbehalten sind.

Von witzig über fragwürdig bis klassisch reichen die Ideen der Gestalter, darunter sind auch so berühmte Modemacher wie Dior oder Chanel oder Künstler wie Dali. Da sieht man eine Glaskugel, die ein goldenes Kreuz krönt (Vivienne Westwood / "Boudoir") oder den

berühmten Frauentorso, den Gaultier immer wieder gern verwendet. Da gibt es die klassische Form von Chanel, von Andy Warhol in seinen berühmten Siebdrucken farbig verfremdet, oder die in der "Poison"-Reihe von Dior immer wieder auftauchende Kugel. Der Japaner Kenzo variiert: einmal die lange, schlanke Form von "Flower", die eine gemalte Blüte ziert, dann ein Flakon aus geheimnisvoll schimmerndem Milchglas mit blauem Inhalt ("Kenzo Air"). Der Italiener Gucci präsentiert einen Duft in einer knallroten Kassette, die eher an eine Pocketkamera erinnert, und Calvin Klein läßt spielerisch ein zierliches Fläschchen in einer Schneekugel schweben.

Mit der Gestaltung eines Flakons allein ist es jedoch nicht getan. Man will ja den Kunden einstimmen, auf das was ihn (oder sie) erwartet. Ein erlesener Duft muß schließlich auch ganz besonders verpackt sein. Givenchy "erfand" für eine Reihe seiner Flakons die Konservendose, Bulgari zog ein kleines Ledertäschchen vor. Eine besondere Art der Verpackung fand die Parfümeriekette Douglas, die nicht nur durch ihr Warenangebot, sondern auch die raffinierte Verpackung mit geradezu opulenten Schleifen bekannt ist.

Bevor man sich jedoch zum Kauf eines edlen Duftes entschließt, muß man zunächst einmal darauf aufmerksam (gemacht) werden. Da gibt es zwar klassische Namen wie "Chanel No. 5", das nicht zuletzt durch den Ausspruch von Marilyn Monroe, sie trage nachts nichts - außer ein paar Tropfen von diesem Parfüm, unsterblich wurde und noch heute gern gekauft wird.

Doch Jahr für Jahr werden neue Düfte kreiert, und die müssen schließlich an den Mann, an die Frau gebracht werden. Die Hamburger Ausstellung zeigt denn auch einige typische Werbekampagnen. Plakate werben mit schönen Körpern, mit sinnlichen Momenten und versprechen - ähnlich wie einst die Tabakwerbung Freiheit und Abenteuer verhieß - "das Blaue vom Himmel". Dabei fällt auf, daß sanfte, liebliche Bilder mit offen erotischen Motiven wechseln. Schon Produktnamen wie "Opium", "Obsession" (Besessenheit) oder "Envy" (Neid) verheißen besondere Erlebnisse. Werbespots entführen in Traumwelten ebenso wie Ausschnitte aus großen Spielfilmen wie "Frühstück bei Tiffany s" oder "Vom Winde verweht".

Wer nicht nur über das Auge mehr über Parfüm und seine Vermarktung erfahren will, der wird in der sogenannten "Riech-Bar" fündig, schließlich ist Parfüm vor allem eine Sache der Nase. Einer der weltweit führenden Hersteller von Parfüms, International Flavors & Fragrances (IFF), mit Kreativzentren in Paris, New York, Shanghai und auch Hamburg, hat einen gesonderten Raum mit zehn Duftspendern ausgestattet. Dort kann man per Knopfdruck natürliche oder synthetische Duftstoffe in die Luft sprühen und daran schnuppern - nicht immer ist es ein wirklich prickelndes Riech-Vergnügen, etwa wenn "Nutella"-Duft entweicht, auch "Veilchen" dürfte nicht jedermanns Sache sein. Der letzte deutsche Kaiser schien jedoch Gefallen an dem Duft zu finden, kündet doch ein Plakat aus dem Jahr 1899 von dem "Blumenduft Kaiser Wilhelm II. (Veilchen)", den die Parfümerie Jünger & Gebhardt einst verkaufte. Von alten Salbgefäßen aus dem 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. bis hin zu modernsten Flakons von zeitgenössischen Künstlern geht die Reise durch das Reich der Düfte. Eine Reise, die so manchen vom Museum schnurstracks in eine Parfümerie führen wird. Dort allerdings wird man bald von der Realtität eingeholt. Nicht nur die Flakons sind traumhaft schön, auch die Preise für edle Duftwässer bewegen sich in den meisten Fällen in anderen Sphären. Kein Wunder, wenn man bedenkt, daß man fünf Tonnen Rosenblätter benötigt, um ein Kilogramm ätherisches Öl zu erhalten! Und Rosen sind nur ein Stoff, aus dem die Träume sind. Peter van Lohuizen

 Duft in Flaschen: Flakons in den unterschiedlichsten Formen enthalten Parfüms mit vielen Duftnoten - von lieblich bis herb.
 
     
     
 
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