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Leichtfüßig, fast als schwebe es, trabt das knapp zwei Monate alte Hengstfohlen über den Platz. Die am Rand versammelten Besucher der Fohlenschau des Trakehner Gestüts Hämelschenburg bringen den jungen Hengst keineswegs durcheinander. Er schreitet, trabt, galoppiert behende neben seiner Mutter Schwalbenspiel v. Exclusiv und zeigt sich dabei von seiner besten Seite. Er ist von besonderem Geblüt, und daß sich die Anlagen seiner Vorfahren alle in ihm vereinen, belegt er den drei anwesenden Richtern des Trakehner Verbandes mit fast aristokratischer Überlegenheit. Der Kleine wird mal ein ganz großer, so sagen es die Vertreter des Trakehner Verbandes, und auch die Besucher, die bei sonnigem Wetter den neuesten Nachwuchs des anerkannten Trakehner Gestüts bewundern, können dem nur zustimmen.
Aber nicht nur der Sohn von Schwalbenspiel v. Exclusiv und dem Hengst Summertime kann auf eine ansprechende Ahnenreihe zurück-blicken. Auch die anderen 20 an diesem Tag vorgeführten Fohlen lassen bei ihrer ersten Musterung größtenteils darauf hoffen, daß sie der Trakehnerrasse noch viel Ehre machen werden.
Das niedersächsische Hämelschenburg war lange Zeit nur durch seine Ritterburg aus dem 16. Jahrhundert über die nahen Ortsgrenzen hinaus ein Begriff. Doch als sich Otto Langels 1962 dazu entschied, neben der Landwirtschaft in die Pferde zucht einzusteigen, lag vor ihm ein steiniger Weg. Lange Zeit mußte er seine Passion durch die Einnahmen aus der Landwirtschaft finanzieren, bis die eigene Zuchtlinie so weit war, daß sie neben Anerkennung auch Geld einbrachte. Schon damals wurden für ein vielversprechendes Fohlen mehrere zehntausend D-Mark gezahlt.
Daß Otto Langels sich gerade für die Zucht von Trakehnern entschied, lag daran, daß der leidenschaftliche Reiter von den Anlagen dieser ostdeutschen Rasse besonders angetan war. Nur mit Trakehnern hatte er bisher ausschließlich gute Erfahrungen gemacht. Auch soll bei der Entscheidung für die Trakehner die Verpächterin des Langelschen Landes, Victoria von Klencke, einen kleinen Anteil gehabt haben. Die Herrin der Hämelschenburg hatte nämlich ihre Jugendjahre in der ostdeutschen Kreisstadt Allenstein verbracht und war zudem von der Idee, die Hämelschenburg, eines der kulturhistorisch wertvollsten deutschen Baudenkmäler, mit einem alten Kulturgut des ehemaligen deutschen Ostens, dem Trakehner Pferd, zu verbinden, sehr angetan. Denn schon 1732 gründete der preußische König Friedrich Wilhelm I. das "Königliche Stutamt Trakehnen": Mehr als 1.000 Pferde - darunter 513 Mutterstuten - bevölkerten das Gelände, das später als "Haupt- und Landgestüt Trakehnen" Weltgeltung erlangen sollte. Die systematische Zucht begann im Jahr 1787 unter Graf Lindenau. Die Grundlage wurde gelegt für die älteste Pferderasse der Welt. Das Trakehner Warmblutpferd ist mehr als nur eine Zuchtrichtung, es ist ein über Jahrhunderte gepflegtes Kulturgut mit der Elchschaufel als Brandzeichen. Nur durch besondere Sorgfalt der Züchter gelangten bei der Flucht aus Ostdeutschland einige Tiere dieser edlen Rasse unversehrt in den Westen. Dort wurde unter großen Mühen in der Nachkriegszeit die Zucht des Trakehner Pferdes wieder aufgenommen und über den Trakehner Verband organisiert. Grundlage der heutigen Zucht sind die ungefähr 4.500 beim Verband registrierten Stuten.
Die Zuchtstuten der ersten Stunde des Gestütes Hämelschenburg waren die Fuchsstute Vilja und die fünfjährige Lateran-Tochter Zauberlied a. d. Zauberin v. Humboldt. Sportlich bewährte Gene standen damit bereits zu Beginn zur Verfügung. Mit dem Hengst Ibiskus hatte das Gestüt dann seinen ersten großen Erfolg. Insgesamt kann Otto Langels, der die Leitung des Gestüts schon vor einigen Jahren an seine Tochter Beate abgegeben hat, auf 45 gekörte Hengste zurückblicken. "Das sind die Pferde, die die Trakehner Zucht weiterbringen und ihr eine stabile, erfolgreiche Position innerhalb der Konkurrenz aller deutschen Warmblutzuchten sichern", lobt Dr. Gerd Lehmann, der lange Jahre Landstallmeister und Leiter des nordrhein-westfälischen Landgestüts Warendorf war, die züchterischen Erfolge der Familie Langels.
"Das ist nun schon das vierte außergewöhnliche Fohlen in Folge", wundert sich Jürgen Hanke vom Trakehner Verband bei der Musterung der Fohlen. Und Beate Langels stimmt dem selbstbewußt zu: "2004 ist wieder ein sehr guter Jahrgang." Einer von vielen. Dies ist an den Stammbäumen der wirklich guten Trakehner abzulesen. Auffallend häufig tauchen dort Namen von Vererbern des Gestütes Hämelschenburg auf. Der Hengst Kosto-lany ist einer von ihnen. Ihn würde Otto Langels niemals verkaufen. Der fast 20jährige Trakehner Rapphengst hat inzwischen unzählige Nachkommen. Sein Name wird beispielsweise noch lange in der Trakehnerzucht weit über die deutschen Grenzen hinweg Erwähnung finden. Fritz Hegelmann
Trakehner sind ein lebendiges Kulturgut: Schwalbenspiel v. Exclusiv und ihr Fohlen
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