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Einen "preußischen Kakanier" nennt Reinhard Olt, der Korrespondent der FAZ für Österreich und Ungarn, seinen Kollegen Peter Meier-Bergfeld, der seit nun elf Jahren Korrespondent des Rheinischen Merkurs für Österreich und Südosteuropa mit Sitz in Graz ist. In der Tat stammt Meier-Bergfeld aus dem einst preußischen Rheinland, und er hat eine bemerkenswerte Laufbahn als Journalist und auch Buchautor ("Staatsverdiener? Der öffentliche Dienst", 1983, "Der lange Weg zur Einheit. Eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ", 1992) hinter sich. Inzwischen ist Meier-Bergfeld in der Alpenrepublik verwurzelt, von deren Bundespräsidenten er im Vorjahr den Professorentitel verliehen bekam.
Die vorliegende Sammlung seiner Reportagen, Essays, Kommentare und Interviews aus den zehn österreichischen Jahren lassen sich als Liebeserklärung an seine Wahlheimat verstehen. Natürlich ist Meier-Bergfeld ein vor allem politisches Temperament mit Interessen-schwerpunkten auch in Geschichte und Zeitgeschichte. Er ist aber auch von kultureller und kulturhistorischer Neugierde und Kennerschaft geprägt, was die richtige Mischung für seinen publizistischen Standort ergibt. Dann werden auch Themen und Personen wie Otto von Habsburg, der "umstrittene" St. Pöltener Bischof Kurt Krenn, der Schöpfer der Logotherapie, Viktor E. Frankl, oder der Wiener Opernball als gesellschaftliches Spiegelbild nicht ausgespart. Die Geschichtslandschaft des tausendjährigen Ostarichi und Kernlands des Sacrum Imperium bleibt für ihn faszinierend und unausschöpfbar. Metternich, der Fall Konstantinopels 1453, die Kaiserinnen Elisabeth und Zita blitzen auf. Und schließlich ist der Standort Graz ideal für neugierige Reisende, sei es in die steirische Waldheimat Peter Roseggers oder gehe es zu den Klöstern Oberösterreichs, nach Slowenien, Istrien, nach Sarajewo oder Belgrad.
"Was also ist die Essenz dieser zehn Jahre? Die Erkenntnis, daß Österreich ein Land mit (noch) weniger neoliberalem Individualismus und (noch) mehr Gemeinsinn ist als Deutschland, mit Stolz auf seine Kultur, seine Landschaften, seine Schönheit - statt deutschem Dauergang nach Canossa. Mit größerer (Presse)-Freiheit als im Political-Correctness-seligen bundesdeutschen Norden, mit langsamerer, humanerer, schon ,italienischer Lebensart, größerem Mut (hätte die ,BRD die Sanktionen ausgehalten?), geringerem Extremismus, größerer Liebe zum Ästhetischen (wenig Schmierereien an Hauswänden), starker Familienförderung, besseren und braven Schülern (fast ,Pisa-Primus )."
Man beklagt heute, oft nicht zu Unrecht, den Verfall des Journalismus, seiner Sprach- und Begriffskultur in unseren Tagen. Meier-Bergfeld ist eines der äußerst rar gewordenen Gegenbeispiele, ein Journalist mit reichem Bildungshintergrund und deshalb in der Lage, selbst die kompliziertesten Hintergründe auszuleuchten, oft nur mit wenigen treffenden Strichen, und Probleme mit Tiefenblick und dennoch anschaulich verstehbar zu machen. Vor uns liegt die reiche Ernte eines Publizisten in seiner Lebensmitte, liegen Perlen vergnüglichen und wahrhaft bildenden Lernens durch Lesen. Die Wochenzeitung Rheinischer Merkur mag den Autor mit Recht zu seinen absoluten "Edelfedern" zählen. Klaus Hornung
Peter Meier-Bergfeld: "Volk, begnadet für das Schöne? Zehn Jahre Korrespondent in Österreich. Reportagen, Essays, Kommentare und Interviews", Books on Demand Verlag, Norderstedt 2003, 462 Seiten, 29 Euro
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