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Mit der Gründung der Burg Mewe am linken Weichselufer sicherte der Deutsche Orden seine ersten Besitzungen in Pommerellen ab. Das bald nach 1290 begonnene große Konventshaus bildete bis 1309 den westlichen Außenposten des Ordensstaates und erhielt dieser politischen Bedeutung entsprechend ein modernes repräsentatives Erscheinungsbild.
In Mewe entstand eine der frühen klassischen Konventsburgen, ein vierflügeliger Bau über quadratischem Grundriß mit einer Seitenlänge von rund 47 Metern, dessen Ecken mit schlanken Türmchen versehen waren. In die Nordostecke eingestellt erhob sich ein mächtiger Bergfried mit einem Durchmesser von 12,5 Metern, der heute nur noch bis zur Höhe des Hauptgeschosses erhalten ist. Er hat im unteren Bereich einen quadratischen Grundriß und ging vermutlich im oberen Abschnitt in ein Achteck über.
In Mewe entwickelte man die bei der Gruppe der frühen regelmäßigen Konventsburgen - Marienburg, Brandenburg, Bischöflich Papau und andere - entworfenen Prinzipien weiter und steigerte die Architekt ursprache zu größerer Vollkommenheit. So wurden von Anfang an vier Flügel und ein quadratischer Grundriß der Gesamtanlage konzipiert. Die Errichtung eines mächtigen Bergfrieds in einer der Kastellecken setzte einen weiteren wichtigen Akzent der das Erscheinungsbild der Deutschordensburgen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts prägen sollte. Die hohe Tornische in der Mittelachse des Südflügels bildete ein weiteres Element zur Perfektionierung der Symmetrie im Bild der Hauptfassade. Beim Dekorsystem verloren die kleinteiligen, nur in der Nahsicht wirkenden Terrakottaplatten mit ornamentalen Motiven und die Buchstabensteine an Bedeutung. Stattdessen traten nun großflächig angeordnete Muster aus schwarz gebrannten Backsteinen in den Vordergrund, die ihre optische Wirkung erst aus der Distanz entfalteten und zur Monumentalität des äußeren Gesamtbildes beitrugen.
In Mewe fallen die zahlreichen Varianten von Rauten- und Zickzack-Mustern ins Auge, welche die gesamte Burg umziehen. Man gewinnt den Eindruck, als ob die Maurer in Mewe mit den Möglichkeiten dieser neuen Dekorform experimentierten. Eine derartige Mustervielfalt wie in Mewe findet man bei den späteren Burgen nicht mehr, denn es etablierte sich das regelmäßige Rautenmuster, das bei der Burg Rehden zur Perfektion geführt wurde.
Im großen Innenhof fallen die mächtigen Konsolsteine auf, die jeweils in der Mittelachse eines jeden Flügels über dem Erdgeschoß aus der Wand herausragen. Sie trugen einen zweigeschossigen Kreuzgang, dessen genaue Konstruktion jedoch noch Rätsel aufgibt, da ein den Konsolen entsprechendes Stützelement in den Hofecken fehlt.
Bezüglich der Innenraumstruktur folgte Mewe dem schon bei den frühen Kastellburgen tradierten System. Das erkennt man insbesondere an der klassischen dreiteiligen Raumfolge des südlichen Hauptgeschosses: Kirche, Zwischenraum und Kapitelsaal.
Schon um 1200 bestand in der Umgebung von Mewe eine Burg der pommerellischen Herzöge. Das Gebiet gelangte 1229 in den Besitz des Zisterzienserklosters in Oliva, wurde aber 1276 durch eine Schenkung Herzog Sambors II. dem Deutschen Orden testamentarisch übereignet, der damit erstmals auf dem linken Weichselufer Fuß fassen konnte. 1281/83 errichtete der Orden eine erste Burg aus Holz, zu deren Bau Teile der Burg Pottersberg nach Mewe übertragen wurden. Als erster Komtur ist 1283 Dietrich von Speier erwähnt. Die mächtige Kastellburg aus Backstein wurde in den 1290er Jahren begonnen und dürfte gegen 1320 vollendet gewesen sein. 1334 hielt Hochmeister Luther von Braunschweig eine große Versammlung in Mewe ab. Die Burg wurde 1410 durch polnische Truppen besetzt, gelangte aber nach dem Thorner Frieden von 1411 wieder an den Orden. 1422 nahm der scheidende Hochmeister Michael Küchenmeister seinen Ruhesitz in Mewe, nachdem die Burg zu diesem Zweck einige Umbauten erfahren hatte, etwa den Einbruch eines neuen Tores im Ostflügel. Zu Beginn des Dreizehnjährigen Krieges besetzte der Preußische Bund 1454 die Burg, verlor sie aber recht bald wieder an den Deutschen Orden. Nach mehrmaligen Belagerungen durch Polen und die Danziger, mußte der Orden Mewe 1464 schließlich aufgeben. Die Burg diente danach dem polnischen König als Sitz eines Starosten. Während der Nordischen Kriege wurde die Burg zweimal durch schwedische Truppen besetzt und erlitt dabei Schäden. Der spätere König Jan Sobieski war ab 1667 Starost in Mewe und errichtete einen barocken Wohnbau in der Vorburg. Nach einer Beschreibung von 1765 stand die Hauptburg leer. Sie wurde nach 1772 zunächst als preußische Kaserne und anschließend als Getreidespeicher genutzt. 1856 bis 1859 erfolgte ein Umbau zum Gefängnis, wobei man die mittelalterlichen Gewölbe entfernte. 1921 brannte die Burg aus und erhielt danach ein Notdach. Nach kriegsbedingten Beschädigungen 1945 kam es seit 1965 zu einem schrittweisen Wiederaufbau der Burg, verbunden mit archäologischen Untersuchungen. In der Burg befinden sich heute ein Museum, ein Kulturzentrum, ein Restaurant und eine Jugendherberge.
Anreiseweg: Mewe liegt am westlichen Weichselufer, etwa 25 Kilometer südlich von Dirschau, und ist über die Hauptstraße A 1 von Danzig nach Bromberg zu erreichen. Die Burg befindet sich unmittelbar östlich der Altstadt.
Mewe liegt am westlichen Weichselufer, etwa 25 Kilometer südlich von Dirschau, und ist über die Hauptstraße A 1 von Danzig nach Bromberg zu erreichen. Die Burg befindet sich unmittelbar östlich der Altstadt.
Aus: "Burgen im Ordensland - Deutschordens- und Bischofsburgen in Ost- und Westpreußen", Bergstadtverlag, Würzburg 2006, 160 Abb., 288 Seiten, 24,90 Euro
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