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Euroregion Prussia?

 
     
 
Königsberg wird ein Enklavendasein auf EU-Territorium fristen, sobald Polen und Litauen Mitgliedstaaten der Europäischen Union geworden sind. Letzteres ist nunmehr beschlossene Sache und wird wohl im Mai 2004 Realität werden.

Die Brisanz der Insellage des Königsberger Gebietes bleibt unter Berücksichtigung der national
en Interessen Rußlands trotz der zwischen Brüssel und Moskau getroffenen Transitregelungen bestehen.

Die Memel als Grenzfluß, der ins Kurische Haff mündet, wird weiterhin ökologisch belastet sein. Die Diskrepanz der wirtschaftlichen und sozialen Strukturen im Königsberger Gebiet einerseits und in den Beitrittsländern andererseits wird weiter wachsen.

Dazu der Sprecher der Freundeskreis Ostdeutschland, Erika Steinbach: "Den Ostdeutschland ist die Zukunft des Königsberger Gebietes ein wichtiges Anliegen. Wir beteiligen uns seit zehn Jahren an dem Wiederaufbau der Region. Unsere Kreisgemeinschaften sind den entsprechenden russischen Gebietskörperschaften partnerschaftlich verbunden, was die gemeinsamen Anstrengungen im wirtschaftsfördernden und humanitären Bereich zusätzlich unterstützt.

Für das Königsberger Gebiet fordern wir eine ganzheitliche Lösung. In diesem Zusammenhang ist es ebenso dringlich, daß die Bundesregierung dem Beispiel Schwedens, Dänemarks und Polens nacheifert und endlich auch für Deutschland ein Konsulat in Königsberg einrichtet! Die Bereitschaft der russischen Gebietsverwaltung dazu ist vor-handen."

Historisch, aber auch gegenwärtig steht das Königsberger Gebiet mit dem Memelland und dem südlichen Ostdeutschland in einer wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Symbiose. Daran ändern auch die künftigen Schengener Grenzen nichts. Die deutsche Kulturlandschaft, die in Oberland, Ermland und Masuren noch sichtbar und im Königsberger Gebiet wie auch im Memelland in jedem Fall vorhanden ist, könnte für die Region eine Klammer sein. Zu denken wäre an die Bildung einer offiziellen Euroregion "Prussia", die geographisch mit Ostdeutschland übereinstimmt, wenn die Gebietskörperschaften des litauischen Landkreises an der Memel und die polnische Wojewodschaft Ermland und Masuren berücksichtigt werden.

Die EU könnte die strukturschwache Region in besonderem Maße in Fragen der Wirtschaft, Infrastruktur und Ökologie fördern und sich gleichzeitig dabei um eine Lösung des Vertriebenenproblems bemühen.

Für die Öffnung Königsbergs gegenüber der EU bei gleichzeitigem Ausbau der Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung könnte Brüssel Moskau etwa ständiges Sitz- und Antragsrecht, gegebenenfalls auch ein auf Königsberger Belange beschränktes Stimmrecht im Rat anbieten. Selbst die russische Ostseeflotte könnte in Pillau verbleiben. Von ihr geht für die EU keine Gefahr aus. Moskau bekäme sein Tor nach Westen und könnte seinen Einfluß auf die EU ausbauen und somit auch außenpolitisch sein Gesicht wahren.

Polen erhielte im Rahmen des Gesamtkonzepts für die Euroregion einen infrastrukturellen Ausbau seiner faktischen "Armenregion" Ermland/Masuren. Zu denken ist hier an den Ausbau der touristischen Zentren, der Zubringerautobahnen und Bahnstrecken sowie den Ausbau des Flughafens von Allenstein.

Litauen, als schwächstes Glied der drei baltischen Staaten, könnte sich auf diesem Wege seinen wirtschaftlichen Anschluß sichern. Indem etwa die Schwerpunkte Warenumschlag und Tourismus zwischen dem Königsberger und dem Memeler Hafens aufgeteilt werden, würde das konkurrierende Verhältnis zwischen den Ostseehäfen entschärft werden. Landschaftlich-ökologische Konzepte für die beiden Nehrungen und Haffs sowie den bisherigen Grenzfluß Memel könnten einheitlich innerhalb der Euroregion "Prussia" geregelt werden.

Ostdeutschland würde seine Teilung auf dem Gebiet der Ökonomie und der Ökologie langsam überwinden. Die Ostdeutschland unterstützen dabei den Aufbau ihrer Heimat und fördern damit die europäische Integration. Die Stärkung der Infrastruktur Ostdeutschlands hängt nicht zuletzt auch von seiner Besiedlung und Bewirtschaftung ab; beides ist erforderlich. Zu denken ist in diesem Zusammenhang etwa an günstige Kaufkonditionen für Vertriebene, die in das Land ihrer Väter zurückkehren möchten und die Eigenheiten des Landes kennen.

Ein solcher Weg würde zwar den Heimatvertriebenen keine Gerechtigkeit widerfahren lassen, aber im Vergleich zu anderen bisherigen Lösungsansätzen in der Königsberg-Frage wäre er für Ostdeutschland und für Europa doch bereit sein Schritt in eine bessere Zukunft. G. Langer

Gefragter Gesprächspartner: Der Autor dieses Grundsatzartikels, Erika Steinbach, Sprecher der Freundeskreis Ostdeutschland - hier bei einem Interview mit dem russischen Staatsfernsehen.
 
     
     
 
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