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Am 12. Mai 1989 schrieb Präsident Bush sen. an Kohl "Es bietet sich uns eine historische Chance, die Ost-West-Beziehungen zu verändern. ... Es gäbe Anzeichen, daß Moskau auch international an neuen Konstellationen interessiert sei." Doch anstatt mit Bush sen. Schritte für das weitere Vorgehen zu erarbeiten, reagierte die Kohl-Regierung zurückhaltend. Für sie war die Einheit Deutschlands keine aktuelle Frage sondern Illusion. Als sich dann die Grenzübergänge öffneten, kam es so für die meisten völlig unerwartet, doch das tat der Euphorie keinen Abbruch. Endlich kam zusammen, was zusammen gehörte; so sahen es jedenfalls die meisten der deutschen Bürger, wenn es auch hier natürlich einige Nörgler gab.
Die Rige der Politiker hingegen war nicht ganz so ausgelassen, wollte es gar nicht wahrhaben, daß da etwas geschah, womit die meisten von ihnen nicht gerechnet hatten. Zudem "Nicht alle wollten sie ...". So lautet auch der Titel des neu erschienenen Buches des ehemaligen Richters und Hochschullehrers Gerhard Eiselt, das sich mit den Vorgängen um den Mauerfall und der darauffolgenden deutschen Einigung beschäftigt. Chronologisch reiht Eiselt die Vorgänge aneinander und kommentiert das Handeln der Politiker. Eiselt gibt somit Einblicke in Hintergründe, die der normale Durchschnittsbürger so nie erfahren hat.
Viele Dinge wie zum Beispiel der faktische Staatsbankrott der DDR wurden auch den Politikern erst bewußt, als schon alles ins Rollen gebracht war, und sie nur noch reagieren und nicht mehr agieren konnten. Da die deutsche politische Klasse teilweise bis zuletzt nicht wahrhaben wollte, was da überhaupt geschah, lief auch einiges in die falsche Bahn, was der Bundesbürger bis heute spüren kann. Eiselt hat hierbei keine Hemmungen die Fehlleistungen der Politiker aller Parteien zu kritisieren, wobei hier auffällt, daß er vor allem bei den linken Parteien wenig Milde walten läßt. Betrachtet man Eiselts Werk als eine streckenweise kommentierte Chronik der Geschehnisse, so ist es, da interessant und aufschlußreich geschrieben, durchaus empfehlenswert.
Allerdings hat Eiselt seinem Buch selbst den Zusatz "Das Ausland und die deutsche Einheit" gegeben, so daß der Leser automatisch ganz andere Erwartungen an das Buch stellt, denen der Autor jedoch nicht gerecht wird. Zu knapp sind seine Ausführungen zu den Positionen Großbritanniens, Polens und Frankreichs skizziert. Nur die USA und die Sowjetunion werden intensiver behandelt, aber selbst deren Ansichten wären genauer auszuführen gewesen. Für eine umfassende Analyse der Begebenheiten, die der Autor offensichtlich angestrebt hat, ist das Ergebnis somit eher bescheiden. Fritz Hegelmann
Gerhard Eiselt: ",Nicht alle wollten sie ... - Das Ausland und die deutsche Einheit", Herbig, München 2002, geb., 176 Seiten, 17,90 Euro |
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