A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
     
 
     
 

Frankreich: Bruch mit der Tradition

 
     
 
Am 24. September gehen die Franzosen zu den Urnen, um in einem Volksentscheid die Verkürzung der Amtszeit des Staatspräsidente zu beschließen. Das Ergebnis der Wahl gilt an der Seine nämlich als absolut sicher, den sowohl der Neogaullist Chirac als auch sein sozialistischer Premier befürworten dies Verfassungsänderung.

Seit dem 20. November 1873, das heißt seit dem Anfang der Dritten Republik, kurz nac dem Zusammenbruch des Zweiten Kaiserreichs, war es die Regel, daß das französisch Staatsoberhaupt für eine siebenjährige Amtszeit amtierte, ob durch die Volksvertretun oder – wie seit 1958 – direkt gewählt. In seinem Wahlprogramm von 1995 hatt Jospin die Verkürzung der Amtszeit auf fünf Jahre vorgeschlagen, während sei Gegenspieler Chirac streng auf die Beibehaltung des "Septennats" beharrte. Sei dem Ausscheiden de Gaulles, des Gründers der Fünften Republik, war die Debatte imme offen. Die Linken, deren Stärke eher auf den Rechten des Parlaments denn auf denen de Staatsoberhauptes beruht, haben vor, die Befugnisse des Präsidenten zu kürzen. Das Ganz war etwas vergessen, als Altstaatspräsident Giscard D’Estaing, der immer eine großen Einfluß auf die Zentristen besaß, die Frage wieder lancierte. Chirac, dem da Stimmverhalten dieser Partei bei der Präsidentschaftswahl 2002 keineswegs egal sein kann mußte so den Vorschlag Giscards gutheißen und erklärte widerwillig
Anfang Juli in eine Fernsehansprache, daß das französische Volk im Herbst sein Votum abgeben werde. Die einzige offene Frage, die sich gegenwärtig stellt, ist die Höhe der Beteiligung a dieser Volksabstimmung, die derzeit die Franzosen völlig gleichgültig läßt.

Bei der Verfassungsänderung geht es immerhin um die Rolle des Staatsoberhauptes in Paris. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Wille der Sozialisten, die nie de plebiszitären Charakter der Fünften Republik akzeptiert haben, zu den Institutionen de Vierten Republik allmählich zurückzukehren. Außerdem ist die Wahl bedeutungsvoll in Rahmen des europäischen Aufbaus, weil Chirac und seine Weggefährten, wie Ex-Premie Alain Juppé oder Jacques Toubon, für die Wahl eines europäischen Präsidenten wären der vom EU-Rat gewählt würde, und dessen Machtbefugnisse mit denjenigen de französischen Staatsoberhauptes schwer kompatibel wären. Die Volksabstimmung des 24 September bedeutet in dieser Hinsicht, daß Frankreich sich immer mehr europäisiert un seine fast monarchistische Staatsgewalt hinter sich lassen wird oder sollte.

Die einzige Frage, die den Franzosen gestellt sein wird, ist diejenige der Dauer de Amtszeit des Staatschefs. In einem Rundfunkinterview mit dem staatlichen Sende "France Inter" hat allerdings der Erste Sekretär der sozialistischen Partei Francois Hollande, der das volle Vertrauen Jospins genießt, schon erklärt, daß dies Verfassungsänderung nur die erste einer Reihe von Revisionen der Verfassung der Fünfte Republik, die bürgernäher werden müßte, bedeute. Wenn man sich daran erinnert, daß d Gaulle nach dem Scheitern einer Reform des Senats die Macht verließ, kann man bezweifeln die Franzosen wären reformfreudig genug, um den Reformeifer der Sozialisten derzeit zu teilen, der eigentlich gegenwärtig nur als Wahlpropaganda angesehen werden kann. Die Franzosen, die sich nach den Meinungsumfragen gut mit der Kohabitation abfinden, könnte im Gegenzug in den nächsten die Eigentümlichkeit in Europa eigentümliche Macht de französischen Staatschefs nicht preisgeben wollen.

In der ganzen Angelegenheit wirkt Chirac als der Zauberlehrling. Er erfand die Kohabitation unter Mitterand, scheiterte 1988 als Präsidentschaftskandidat und muß sei der mißlungenen Auflösung der Nationalversammlung mit der Linken zusammenleben. Durc die geplante Verfassungsänderung wird er, da zu bezweifeln ist, daß seine Anhänge wieder die Mehrheit der Abgeordneten stellen können, ein Präsident auf Abruf sein, wen es ihm gelingt, wiedergewählt zu werden. Chirac, der gerne darauf pocht, daß sich die französische Gesellschaft der Welt öffnet, wird herlich, wenn er die politische Bühn nicht frühzeitig verläßt, seine Befugnisse außenpolitisch beschnitten sehen.

Francisco Lozaga

 
     
     
 
Diese Seite als Bookmark speichern:
 
     
     
     

     
 

Weitere empfehlenswerte Seiten:

Japaner

Ein folgenreiches Attentat

Vatikan macht in Italien Politik

 
 
Erhalten:
 

 

   
 
 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
WISSEN48 | ÜBERBLICK | THEMEN | DAS PROJEKT | SUCHE | RECHTLICHE HINWEISE | IMPRESSUM
Copyright © 2010 All rights reserved. Wissensarchiv