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Frankreichs Ehrgeizlinge

 
     
 
Obgleich die nächste Präsidentschaftswahl in Frankreich erst für den Frühling 2007 vorgesehen ist, hat an der Seine das große Spiel zwischen den möglichen Kandidaten schon begonnen. Anlaß dafür sind die Äußerungen des lebhaften Innenministers Nicolas Sarkozy gegenüber dem staatlichen Fernsehsender France 2, wonach er "sogar beim Rasieren" daran denke. Der einzige Politiker von Format im Regierungslager, der sich dem Ehrgeiz Sarkozys entgegensetzen könnte, wäre der Chef der Partei der Anhänger Chiracs, Alain Juppé, doch der darf zur Zeit nicht kandidieren, da das Strafgericht der Pariser Vorstadt Nanterre ihn wegen einer Affäre um politische Scheinstellen hart verurteilt hat. Für ihn bleibt also nur die Hoffnung, daß die Richter im laufenden Berufungsverfahren ihn in dem Fall um die Finanzen der ehemaligen gaullistischen Partei RPR (Rassemblement pour la République) derart milde aburteilen werden, daß er kandidieren könnte. Für den Fall, daß Juppé nicht antreten darf, schließen Pariser Beobachter nicht aus, daß Jacques Chirac
sich abermals zur Wahl stellt.

Sarkozy ist noch vergleichsweise jung, Jahrgang 1955. Seit seinem 22. Lebensjahr ist der Rechtsanwalt in der Politik tätig, doch ist er keineswegs sonderlich beliebt. Mit 38 Jahren war er zur Zeit der Kohabitation zwischen den Gaullisten und dem sozialistischen Staatsoberhaupt Fran- çois Mitterrand Finanzminister unter Premier Edouard Balladur.

Im Falle eines erneuten Sieges der Bürgerlichen im Jahre 2007 sind keine Grundsatzänderungen in der Außenpolitik Frankreichs zu erwarten. Mit Juppé im Elyseepalast wäre vielleicht mit einer festeren Einbindung der Fünften Republik ins erweiterte Europa zu rechnen, während Sarkozy verstärkt auf eine festere Zusammenarbeit mit den Mittelmeerstaaten setzen dürfte.

Als Alain Juppé Außenminister war, äußerte er sich mehrmals positiv hinsichtlich eines Europas der unterschiedlichen Geschwindigkeiten, so daß man von vornherein vermuten kann, daß die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Paris mit Juppé reibungsloser als mit Sarkozy verlaufen würde. Auf jeden Fall ist die Fünfte Republik auf dem gaullistischen Dogma der nationalen Unabhängigkeit und einer ehrgeizigen Arabienpolitik gegründet, was weder Juppé noch Sarkozy anzutasten wagen würden. Eine mögliche Wahlentscheidung für Sarkozy oder Juppé beziehungsweise Chirac dürfte sich vor allem an innenpolitischen Themen festmachen. Mit

einer starken muslimischen Minderheit auf französischem Boden und dem Scheitern der Integrationspolitik der Republik konfrontiert, will Sarkozy eine Politik der sogenannten positiven Diskriminierung durchführen. Hiernach sollen Zuwanderer bei Stellen im öffentlichen Bereich bevorzugt werden. Die erste Maßnahme in diese Richtung war die gegen den Widerstand des Staatspräsidenten vollzogene Ernennung eines moslemischen Einwanderers zum Präfekten des Départements des Juras.

In einem langen Interview mit dem Wochenmagazin L Express betonte Nicolas Sarkozy ausdrücklich, es gehe ihm darum, daß die Republik "ihren republikanischen Willen" zeige.

Wie die Franzosen die verfrühten Kandidaturankündigungen ihrer Politiker bewerten, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall werden die Regionalwahlen im nächsten Monat schon einen weiteren Eindruck über Wählermeinung und Selbstdarstellung der Parteien vermitteln.
 
     
     
 
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