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Freudentränen spanischer Mütter

 
     
 
Soledad Moreno ist außer sich vor Glück. "Stell Dir vor, spätestens am 30. Juni ist mein Juanito wieder zu Hause", strahlt die 52jährige, und während sie das sagt, kullern zwei kleine Freudentränen über ihr Gesicht. Juanito ist Soledads einziger Sohn, und in diesem Augenblick ist er gut 4.000 Kilometer von seiner Mutter entfernt - in der irakischen Hauptstadt Bagdad, die noch immer Schauplatz eines hinterhältigen, blutigen Guerillakrieges ist. Juanito gehört zur spanischen Eliteeinheit
"Brigada plus ultra", die zusammen mit amerikanischen und britischen Einheiten den mittelöstlichen Krisenherd befrieden soll.

Soledads Hoffnung, ihren Sprößling bald wieder im vergleichsweise sicheren Spanien zu wissen, ist das Ergebnis der Parlamentswahlen vom 14. März, bei denen die sozialistische Oppositionspartei PSOE einen überzeugenden Sieg errungen hat. Ganz oben auf der Agenda des Wahlsiegers José Luis Rodríguez Zapatero steht eine tiefgreifende Änderung der Außenpolitik seines Landes. Nie hat er während seiner zahlreichen Wahlkampfauftritte einen Zweifel daran gelassen, daß er den Krieg gegen den Irak als falsch empfinde und daß er, sollte er die Macht erringen, aus der "Allianz der Willigen", wie US-Präsident Bush seine Kampfgefährten gegen das Saddam-Regime genannt hat, ausscheren werde. Ein Hintertürchen ließ er sich allerdings offen - die 1.300 Mann werden nur nicht abgezogen, wenn die Uno ein Mandat zur Befriedung des Irak erteilt.

Eine Kehrtwende strebt die neue sozialistische Regierung auch in der Europa-Politik an. Kein anderer europäischer Regierungschef, mit Ausnahme des polnischen, stand einem weiteren Zusammenwachsen des alten Kontinents auf der Grundlage einer gemeinsamen Verfassung so ablehnend gegenüber wie der nun in die Wüste geschickte José María Aznar. Mit einer geradezu unfaßbaren Sturheit beharrte er auf den Vereinbarungen von Nizza, die Spanien ein Maximum an Stimmengewichtung garantieren, und zeigte sich bis zuletzt nicht willens, sie durch flexiblere Lösungen zu ersetzen. Nach Ansicht des designierten neuen spanischen Außenministers Miguel Angel Moratinos wird Madrid nun versuchen, das Seine dazu beizutragen, daß es hier zu einer Lösung kommt. Als frühesten Zeitpunkt nannte er den 1. Mai, oder, sollten unvermutete Probleme auftauchen, spätestens Ende 2004.

In den Gängen der spanischen Ministerien wird man künftig das Wort "Europa" wieder öfter hören. Zapa-tero wird die allzuengen Bindungen an Washington, die er stets als ein Zeichen der Unterwürfigkeit gesehen hat, zugunsten eines verstärkten europäischen Engagements lockern. Auch die persönlichen Beziehungen, deren Bedeutung man im politischen Geschäft nicht unterschätzen sollte, werden zwischen Madrid und Berlin sowie zwischen Madrid und Paris wieder sehr viel freundlicher werden. Aznar pflegte einen Stil des Abstands, der sehr schnell in Arroganz umschlagen konnte und mit dem weder Bundeskanzler Schröder noch der französische Staatspräsident Chirac etwas anfangen konnten. Die Chemie zwischen Zapatero und Schröder scheint zu stimmen, und Chirac ist über jeden froh, dem er die Hand schütteln kann, wenn er nur nicht Aznar heißt.

Ein weiterer Schwerpunkt einer veränderten Außenpolitik wird Lateinamerika sein, ein Kontinent, dem sich Spanien traditionell verpflichtet fühlt. Nach Ansicht von Moratinos hat Madrid hier aus Rücksichtnahme auf Washington an Terrain verloren. Die einseitige Parteinahme zugunsten der USA müsse nun durch einen Kurs verstärkter Solidarität mit den südamerikanischen Ländern korrigiert werden. Schon seit längerem haben Vordenker der PSOE darauf hingewiesen, daß die Chancen Spaniens, vor allem Einfluß auf Kuba zu nehmen, in erschreckendem Maße gesunken seien. Aznar habe die Beziehungen zwischen Madrid und Havanna derart verschlechtert, so hieß es, daß Kubas Diktator Fidel Castro spanische Einflüsterungen, für die er stets ein offenes Ohr hatte, nun brüsk zurückweisen würde. Hier habe Spanien eine große Möglichkeit vertan, Kuba bei einem friedlichen Übergang von der Diktatur zur Demokratie behilflich sein zu können. M. Ludwig

 
     
     
 
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