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Der Flop von Nizza

 
     
 
Der Gipfel von Nizza werde "in die Geschichte als ein großer eingehen". De dies so vollmundig verkündete, wird mit Sicherheit nicht als ein Großer in die Geschichte eingehen: Jacques Chirac, Präsident der Französischen Republik und ein halbe Jahr lang auch des Europäischen Rates.

Die französische Präsidentschaft "glänzte" nicht nur auf diesem Treffe von Nizza durch Stümpereien; statt Pariser Elegance erlebte man Monsieur le Présiden als Elefant im Porzellanladen. Wenn Chirac unbedingt in die Geschichte eingehen will, dan bitte sehr: als mit Abstand schwächster Präsident der Fünften Republik.

Und Jörg Haider im fernen Kärnten darf sich wieder einmal bestätigt sehen: Was e sich in den letzten zwei Jahren so alles über den Parise "Westentaschen-Napoleon
" hatte einfallen lassen, war zwar von den diplomatische Gepflogenheiten weit entfernt, kam der Wahrheit aber ziemlich nahe.

Daß der Gipfel von Nizza ein Flop war, trotz aller krampfhaften Bemühungen, da Beinahe-Scheitern mit gequälten Erfolgsmeldungen zu verkleistern, lag natürlich nich nur am schwachen Auftreten der Gastgeber. Die deutsche Delegation trug mit ihre Ungeschicklichkeiten ebenfalls ihren Teil dazu bei. Erst machten Kanzler Schröder un sein Mitläufer Fischer mit lautstark vorgetragenen Forderungen nach mehr deutsche Einfluß in den EG-Gremien auf sich aufmerksam. Dann wurde allzuschnell klein beigegeben 82 Millionen Deutsche gleich 59 Millionen Franzosen, das also ist die neue europäisch Mathematik!

Ob die heute 14 und demnächst vielleicht 26 Partner uns Deutsche und unsere Politike da wohl noch ernst nehmen? Ein Deutschland, das selbstbewußt, aber nicht überheblic für seine Interessen eintritt, statt sich in vorauseilender Unterwürfigkeit zu üben dürfte ihnen lieber sein.

Schröder beschönigte das Einknicken hinterher mit der Feststellung, für ihn se "das wirkliche strategische Ziel – die Einigung Europas – da Wichtigste". Seinem joggenden Außenminister fielen dazu nur noch Episoden aus de Leben eines Marathonläufers ein – wie tröstlich, daß der Mann, der unser Land au dem internationalen Parkett repräsentiert, wenigstens davon etwas zu verstehen scheint.

Schröder weiter: "Die Tatsache, daß wir nun aufnahmefähig sind für neu Mitglieder, ist ein historisches Datum."

Es scheint sich hier eher um einen historischen Fehler zu handeln. Denn aus welche Grunde sind "wir nun aufnahmefähig"? Nur, weil "wir" nac viertägigem Ringen festlegen konnten, wer künftig wie viele Stimmen im Ministerrat ha und wer wie viele Kommissare stellt? Wenn die Maus, die der "kreißende Berg" namens Nizza-Gipfel da gebar, schon alles sein soll, was man für ein vereintes Europ braucht, dann muß man sich schon fragen, warum wir darauf eigentlich so lange warte mußten. Nein, fit für die Osterweiterung ist die EU nach diesem Gipfel genauso wenig wi zuvor. Nach der "Reform", die allenfalls ein Reförmchen ist, sind die Abstimmungs- und Beschlußmechanismen der europäischen Gremien fast noc undurchschaubarer und unhandlicher. Was wirklich wichtig ist, unterliegt größtenteil weiterhin dem Einstimmigkeitsprinzip. Wo das Mehrheitsprinzip zur Anwendung kommt, mu erst in einem komplizierten Rechenverfahren geklärt werden, was nun gerade Mehrheit ode Minderheit ist.

Haben sich die Gipfelteilnehmer nach viertägige erfolg-losen Verhandlungsmarathon etwa wieder einmal an "Big Brother" angelehnt, wie Europa es ja so gerne tut, wenn es selbst nicht mehr weiter weiß? Motto Von Amerika lernen heißt wählen lernen! Vermutlich werden wir nach künftigen EU-Gipfel dann auch ein paar Wochen warten müssen, bis der Europäische Gerichtshof (oder, in diesem Falle, das Appelationsgericht des Departements Alpes Maritimes?) entscheidet, wa der Rat mit welcher Mehrheit beschlossen hat und was nicht.

Wenn das die Eintrittskarte in ein auf 27 oder gar noch mehr Staaten erweitertes Europ sein soll, dann verzichten wir besser auf die Erweiterung. Zumal der Nizza-Gipfel eine Frage konsequent und geschickt ausgewichen ist: Wer soll das bezahlen? Der – ansonsten ungefragte – Bundesbürger glaubt, die Antwort zu kennen
 
     
     
 
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