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Welche für bundesdeutsche Ohren ungewohnten Töne mit der bevorstehenden EU-Erweiterung unweigerlich in der Politik der Union zu hören sein werden, zeigt ein neu erschienenes slowenisches Buch.
Das Werk stammt von Jozef Jeraj und trägt den Titel "Auf der anderen Seite der Karawanken" ("Perko Karavank"). Vorgestellt wird es in der Mai-Ausgabe des Organs Südpress der "Arbeitsgemeinschaft Kärntner Grenzland".
Jeraj war zwischen 1992 und 2000 slowenischer Generalkonsul in Klagenf urt, der Hauptstadt des österreichischen Bundeslandes Kärnten. Seine Arbeit diente erklärtermaßen der Stärkung des "Slowenentums". Zweisprachigkeit und Multikulturalität in dem von einer slowenischen Minderheit besiedelten Land lehnt er ab. Letztere sei falsch, so der Ex-Konsul, weil sie "den nationalen Charakter schwächt". Allenfalls könne man Multikulturalität hinnehmen, wenn diese dem eigenen Volk nütze. Im Hinblick auf die sogar im vergleichsweise national-konservativen Kärnten allseits propagierten interethnischen Kulturveranstaltungen erzählt Jeraj, daß er mal eine solche Veranstaltung nach kurzer Zeit verlassen habe, weil es "kein typisch slowenisches (...) Treffen" gewesen sei.
Wie viele andere Spitzenvertreter seines Staates verficht auch der Buchautor ein künftiges "vereintes Slowenien" unter Einschluß Kärntens. Das bedeutet - anders als es bei den ostdeutschen Vertriebenen jemals der Fall war - einen wirklichen Revanchismus unter Verkennung des Volkswillens. Schließlich hatten bei dem laut Vertrag von Saint Germain stattgefundenen Referendum vom Oktober 1920 in der Südzone Kärntens 59 Prozent für Österreich gestimmt; auf ein Votum in der kaum von Slowenen bewohnten Nordzone wurde daraufhin verzichtet.
Vorangegangen waren zwischen November 1918 - also dem Ende des Ersten Weltkrieges - und Juni 1919 mehrere erfolgreiche Abwehrkämpfe Kärntner Freiwilligenverbände gegen eindringende jugoslawische Tuppen.
Gegenwärtig umfaßt die slowenische Minderheit nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker rund 15 000 Personen (insgesamt leben in Kärnten 550 000 Menschen). Im Jahre 1939 waren es noch 43 000.
Der starke Rückgang ist auf eine jahrzehntelange schleichende Assimilierung zurückzuführen, die kaum damit begründet werden kann, daß der Staat Österreich und das Bundesland Kärnten nicht genug für die slowenische Minderheit tun würden.
Eher im Gegenteil: Deren Rechte sind im Artikel 7 des österreichischen Staatsvertrages von 1955 festgeschrieben, es gibt zweisprachige Ortsschilder, Kindergärten und Schulen, eigene Zeitungen, Radiostationen, Verlage usw. Alljährlich fließen aus Wien Subventionen in Höhe von annähernd 1,5 Millionen Euro. In Klagenfurt gibt es slowenische Einrichtungen und Vereine in Hülle und Fülle, obwohl die Stadt selbst keine bodenständige slowenische Bevölkerung besitzt.
Doch alles minderheitenpolitische Entgegenkommen vermag Männer vom Schlag eines Jozef Jeraj kaum zu beeindrucken. Lieber zitiert dieser Aussprüche wie den seines Landsmanns Vinko Oslak: "Auch in Kärnten fühle ich mich wie in der Heimat, denn Slowenien hört schließlich nicht auf dem Loibl auf."
Für die Zukunft skizziert der nationalistische Diplomat in seinem Buch die Hoffnung, daß es innerhalb der Europäischen Union ein stufenweises Zusammenwachsen von Slowenien und Kärnten geben könne. Louis von Valentin |
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