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Die Schweden haben das Vertrauen der europäischen Regierungen schwer erschüttert. Nein haben sie gesagt zum Euro. Warum? Weil sie fürchteten, gierige Geschäftemacher könnten die Währungsumstellung dazu mißbrauchen, die Bürger aufs Kreuz zu legen. Woher wußten die das? Einer muß es ihnen verpetzt haben. Wer das war? Einer ihrer Nachbarn vermutlich. Norweger und Dänen besitzen nach wie vor ihr eigenes Geld, haben von der Euro-Preistreiberei ergo gar nichts mitbekommen können. Der Kreis der Verdächtigen schließt sich so um Deutsche und Finnen. Die sind von den Euro-Völkern am nächsten dran an den Schweden.
Nun gelten die Finnen als schweigsames Volk, solange sie nüchtern sind. Und haben sie erst ihr volles Promille-Pensum erfüllt, sind sie noch stiller: dann fallen sie um und schlafen wie Tote. Demnach muß es einer von uns gewesen sein, der den Schweden alles verraten hat. Das schreit nach Klassenkeile.
Beim jüngsten Finanzgipfel am Gardasee haben die EU-Finanzminister und -Kommissare unserem Eichel folgerichtig die Ohren langgezogen: So ein Sauladen, das bei euch in Deutschland! Händeringend suchte Hans Eichel nach Ausreden für unsere Schwatzhaftigkeit und unser lausiges Erscheinungsbild. Was ihm einfiel, war ärmlich. Wie ein Zehnjähriger, der Besserung verspricht, obwohl er längst weiß, daß seine Versetzung so wahrscheinlich ist wie Oskar Lafontaines endgültiger Abschied von der Politik. Oder von dem, was er dafür hält.
Der kleine Dicke, der sich gern "Saar-Napoleon" rufen läßt, streicht wieder durchs Unterholz auf der Suche nach Gelegenheiten, um Schaden anzurichten. Nachdem die SPD alle Dummheiten bis hin zu Koalitionen mit der PDS bereits durchgezogen hatte, wurde die Luft um Schröders ersten "Superminister" zunehmend dünner. Etwas richtig Abstoßendes mußte her, um das mit schräger Unterhaltung reichlich verwöhnte Publikum zum Hingucken zu nötigen. Lafontaine durchwühlte die Mülltonnen der Geschichte und fand: den Zusammenschluß von KPD und SPD 1946 in der Sowjetzone. Nun will er die SPD zwischen Rügen und Vogtland mit der PDS zusammenpacken.
Keine falsche Furcht: Etwas derart Langweiliges wie die DDR wird uns Oskar Lafontaine kaum servieren. Was waren wir enttäuscht nach der Öffnung der "Bonzensiedlung" Wandlitzsee. Riesige Anwesen hatten wir erhofft, alles sündhaft teuer in grottenhaftem Neo-Neo-Barock, wie Drittweltdespoten ihn so sehr lieben. Was wir zu sehen bekamen, war eine grau verputzte Rentnerkolonie inmitten eines dürftigen Struppelwalds. Ganz, ganz traurig und vom Unterhaltungswert her unter aller Quote.
Das wird in Lafontaines Neo-DDR viel besser. Überhaupt sieht er ja aus wie das Abziehbild eines frivolen Rokoko-Fürsten. Er hat sogar seine eigenen Boudoir-Geschichten ("Saarbrücker Rotlicht-Affäre"). Man kann also optimistisch sein, daß Oskars Rotlicht-rote DDR-Neuauflage ganz gewiß bunter und interessanter wird als die alte "Zone". Wer das bezahlen soll? Geld kann man nachmachen, notfalls aus Aluminium. Und wer nicht mitmachen will, kann ja gehen. Bis zum Zaun.
Lafontaines Parteifreund Rau hat die neuen Signale indes noch nicht vernommen und machte sich bei den roten Chinesen mit frechem Gequatsche über Demokratie, Menschenrechte und dergleichen unbeliebt. So etwas hören die nicht gern. Kann er ihnen das verdenken? Was würden wir denn sagen, wenn so ein ferner Ausländer hier aufkreuzte und uns vorhielte, wir wären keine echte Demokratie, weil alles mit allem verfilzt und verwachsen ist, weil die Parteien von kleinen Klüngeln beherrscht werden, die ihre ewige Macht mittels Prozenthürden, hörigen "öffentlich-rechtlichen Medien", Verfassungsschutz, Parteilisten, Stiftungen u. ä. sichern, so daß die Menschen sowieso immer dieselben wählen müssen? Keine Sekunde würden wir uns solche Unverschämtheiten gefallen lassen.
Nun sind die Chinesen zwar höfliche Leute und haben Rau ausreden lassen, aber sie besitzen ein Elefantengedächtnis, sie werden sich rächen. Für den Fall, daß der Gegenbesuch aus Peking ebenfalls eine komplette Woche hier herumreisen will wie Rau da drüben, sollte er sich beeilen. Im Sommer 2004 könnte unser Staatsoberhaupt schon Rita Süßmuth heißen (wenn sie nicht schon kurz nach Redaktionsschluß abgewinkt hat). Dann wäre der Weitertransport der unbequemen Besucher mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet, da die Flugbereitschaft des Bundes weitgehend mit dem umfangreichen Anhang der Frau Bundespräsidentin ausgelastet wäre. Fliegen und (Tochter) fliegen lassen mit Bundesmaschinen gehörte schon zum Hobby der Rita Süßmuth, als sie noch Parlamentspräsidentin war. Was wird das erst im höchsten Staatsamt? Aber wird sie s? Chancen sollte man ihr einräumen: Ist Süßmuth doch unbestritten die erfolgreichste rot-grüne Politikerin, die die CDU je hervorbrachte.
Klappt das mit der Süßmuth, müßten Staatsgäste also künftig am Boden unser Land bereisen. Das hat Verkehrsminister Stolpe alarmiert. Er muß jetzt vorsorglich die Autobahnen freikriegen. Mit anderen Worten: Die vielen deutschen Speditionen müssen verschwinden, weil sie den ausländischen Transportunternehmen und etwaigen hohen Besuchern die Strecken verstopfen. Die Lösung: Lkw-Maut.
Das große Fegen sollte eigentlich schon am 2. November beginnen, verzögert sich jedoch etwas. Die Unternehmensgruppe, welche das Maut-System installiert, hat sich nämlich noch ein paar Sondereinlagen einfallen lassen, um die Spannung zu steigern. Einen Riesenspaß macht das allen Beteiligten, wie wir täglich von den Spediteuren vernehmen, die das System im Probebetrieb testen dürfen. Hochtechnisiert und hypermodern sei alles. Natürlich satellitengesteuert und - voller Überraschungen. Die Kontrollgeräte schalten sich beim Einbau beispielsweise spontan selber ab oder legen gar die gesamte Elektronik des Lastwagens lahm. Antennen versagen, Kabel schmoren durch, der Rechner bricht zusammen. Manche der Super-Rechner können nicht mal rechnen, sondern heißen nur so: Ein Zählapparat zeigte für ein und dieselbe Strecke immer andere Gebühren und Entfernungen an. Und die Satelliten können sogar schielen: Als ein Proband seinen Brummi nur mal so auf dem Hof herumfuhr, wähnte ihn sein Mautgerät auf der Autobahn und strich emsig Gebühren ein. Das erinnert an die ersten Navigationsgeräte für Pkw. Hatte jemand gerade in der eigenen Garage eingeparkt, befahl so eine Maschine keck: "Und jetzt links abbiegen!"
Die Spediteure tröstet ein Blick in unsere Geschichte: Die elektronische Navigation benötigte nur zehn Jahre, bis nicht mehr jeder, der sich blindlings auf sie verließ, irgendwann zwangsläufig an seiner Garagenwand zerschellte oder im Bach ertrank. Die Maut wird nach Stand der Dinge kaum länger brauchen.
Die Satelliten-Navigation brauchte auch nur zehn Jahre, bis sie nicht mehr lebensgefährlich war |
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