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Es war ein feierlicher Augenblick im Düsseldorfer Gerhart-Hauptmann-Haus, als im Frühjahr dessen Direktor, Dr. Walter Engel, die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreicht wurde. In einem kurzen Gespräch streift der gebürtige Banater Walter Engel bisherige Leistungen und blickt optimistisch in die Zukunft.
Seit 17 Jahren leiten Sie das Gerhart-Hauptmann-Haus in Düsseldorf, ehemals Haus des Deutschen Ostens . Inwiefern haben sich die Arbeits-Schwerpunkte im Laufe der Jahre verlagert?
Dr. W. Engel: Die Kernaufgabe der Stiftung "Gerhart-Hauptmann-Haus. Deutsch-osteuropäisches Forum" - die Bewahrung, Pflege und Vermittlung deutscher Geschichte und Kultur der früheren deutschen Siedlungsgebiete in Südost- und Osteuropa - besteht nach wie vor. Bis 1989 mußte sich die Arbeit des Hauses auf die Wirkung nach innen - das heißt in NRW oder bestenfalls in der ehemaligen Bundesrepublik - beschränken. Sofort nach der Wende haben wir vor allem in Polen, Ungarn und Rumänien Kontakte zu der dort lebenden deutschen Minderheit aufgenommen. Inzwischen führen wir einen regen Austausch mit vielen Heimatgebieten der Vertriebenen und kooperieren mit Institutionen, Schriftstellern, Künstlern, Wissenschaftlern und Po- litikern aus diesen Regionen.
Welche Projekte und Veranstaltungsreihen haben sich mittlerweile etabliert?
Ein besonderes Augenmerk galt von Anfang an der Integration der Spätaussiedler. In diesem Sinne wurden das "Kulturelle Informationsbüros für Aussiedler" sowie die wöchentlichen Kultur- und Begegnungsabende für Aussiedler und Einheimische ins Leben gerufen. Das "Literaturforum Ost-West", die Reihe "Botschafter stellen ihr Land vor" und nicht zuletzt das Vierteljahresmagazin West-Ost-Journal sind weitere Projekte, denen ich große Aufmerksamkeit schenke. Mit Interesse verfolge ich auch die Entwicklung unserer wissenschaftlichen Spezialbibliothek mit derzeit mehr als 80.000 Medieneinheiten und der Artothek, die gut über 1.000 Werke ostdeutscher Künstlerinnen und Künstler umfaßt.
Wir wirken sich die Sparmaßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen auf die Aktivitäten im In- und Ausland aus?
Für die grenzüberschreitenden Aktionen sind wir auf Projektmittel angewiesen, die immer spärlicher werden. In unserem Programm haben die Veranstaltungen in Düsseldorf und NRW die gleiche Priorität wie jene in Königsberg, Breslau oder Fünfkirchen. Wir haben den Auftrag, die Kultur und Geschichte der "Vertreibungsgebiete" im Bewußtsein des deutschen Volkes und des Auslandes zu bewahren.
Was hat die EU-Osterweiterung für Ihre Arbeit gebracht?
Der Dialog mit unseren östlichen Nachbarn hat einen betont europäischen Charakter angenommen und reicht heute von Königsberg im Nordosten bis nach Temeswar im Südosten. Unser Aufgabenbereich hat sich dynamisch erweitert. Wir pflegen gute Kontakte zu den in diesen Gebieten verantwortlichen Kulturpolitikern, die auch der deutschen Kulturgeschichte der be- treffenden Orte und Regionen verpflichtet sind. Auf jeden Fall brachte die EU-Erweiterung diverse praktische Erleichterungen wie etwa beim Transport von Ausstellungen, der jetzt ohne Zollformalitäten erfolgt, oder bei Reisen.
Wie sehen Sie die Zukunft von kulturellen Einrichtungen, die sich dem West-Ost-Dialog verschrieben haben?
Institutionen wie unser Haus können einen bedeutenden Beitrag dazu leisten, die Kooperation mit einschlägigen Kultureinrichtungen in benachbarten Regionen jenseits von Oder und Neiße zu fördern. Wir werden die Vermittlung der hier wenig bekannten ostmitteleuropäischen Kulturen verstärken. Das Gerhart-Hauptmann-Haus wird als Brücke zum Osten in einem Europa der kulturellen Vielfalt eine gute Perspektive haben.
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