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In Berlin kursiert seit Wochen ein makabrer Witz über das sogenannte Gammelfleisch, das von geldgeilen Schlachtereibetrieben aus Abfällen hergestellt worden ist: „Willst du mal garantiert welches sehen?“ „Ja.“ „Dann ruf bei einem x-beliebigen Berliner Pizza-Lieferservice an und bestell eine Pizza Prosciutto auf den Namen Hartmut Mehdorn.“
Der Mann ist alles andere als wohlgelitten unter seinen Berliner Mitbürgern, seit er angekündigt hatte, die Bahnzentrale nach Hamburg verlegen zu wollen.
Unter Schröder wäre er vielleicht mit der Nummer durchgekommen, der hat Berlin gegenüber wahrlich keine Loyalitäten verspürt. Mehdorn selbst hatte ja einmal gesagt, „Bahnpolitik wird im Kanzleramt gemacht, nirgends sonst“. Aber Schröder war zu dem Zeitpunkt bereits weg vom Fenster. Vielleicht hat Mehdorn das irgendwie verschlafen. Die Berlinerin Merkel stoppte das Vorhaben jedenfalls unverzüglich.
Es ist da nur folgerichtig, daß die jüngste Ausgabe der Stadtillustrierten „Tip“ Mehdorn unter dem Titel „Bruchpilot“ (er hat mal bei Airbus gearbeitet) zum „peinlichsten Berliner 2006“ erkoren hat. Das Magazin veröffentlicht zu Jahresbeginn immer die Liste der 100 peinlichsten Berliner, stets ein erster humoristischer Lichtblick in dieser tristen Jahreszeit.
Diesmal finden sich in der Liste, „in die keiner rein will“, Paradiesvögel wie Desirée Nick (RTL-Dschungelkönigin, knutscht öffentlich mit Klaus Wowereit) auf Platz zwei und Straftäter Robert Hoyzer (Bundesliga-Schiedsrichter mit dämlichem Grinsen und gezinkten roten Karten) auf der Drei.
Neben Personen werden in geringerer Zahl auch Orte in die Liste aufgenommen: der Alexanderplatz zum Beispiel (Platz 82). Dieser potthäßlichen Riesenbaustelle mitten im Ostteil der Stadt wird attestiert, Berlins Banlieue zu sein (wo in Paris die Banlieues sind, da hat Berlin seinen Speckgürtel mit teuren Villen wie in Kleinmachnow). „Hier üben sich die Chlochards von morgen“, so der „Tip“, „im allabendlichen Wirkungstrinken und die Jesusfreaks von gestern im sinnlosen Bekehren.“
Und das ist noch milde formuliert. Wer diese Punker-Hochburg, zu der schräges Volk aus ganz Europa zusammenströmt, einmal im Sommer erlebt hat, kann verstehen, daß niemand den 200. Geburtstag des Platzes feiern wollte.
Mehdorn hat übrigens inzwischen eingelenkt: Der geplante Umzug … das sei alles ein Mißverständnis, ließ er die Öffentlichkeit wissen. Nie habe die Bahnspitze einen Umzug nach Hamburg erwogen. Das erinnerte die Berliner jedoch stark an eine andere Aussage, die ein Sachse vor 45 Jahren getroffen hat: „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten!“ |
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